Freitag, 3. Januar 2020 Audi RS3 Limousine: Der Teufel trägt Lader
Audi RS 3 Limousine. Foto: Audi
Die Bässe brodeln, das Licht dimmt sich, die Spannung im Publikum erzeugt ein Knistern in der Luft - und: Der Vorhang geht auf. So oder so ähnlich lässt sich der Moment beschreiben wenn der Lader richtig losdreht. Für dieses Crescendo schreibt ein 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbo mit 400 PS und 480 Newtonmetern das Notenblatt. Und bis zum letzten Paukenschlag will das Kulturprogramm genossen werden.
„Mein Gott Walter“ würde Mike Krüger dazu durch die Fahrgastzelle brüllen und hätte die Nase vorn. Denn Erinnerungen an die legendären fünf Pötte, die Rallye-Champion Röhrl im S1 Quattro durch die Kehren peitschte, werden bei diesem Ladedruck-Exzess unweigerlich wach. Der Transport des Fünfzylinders in die Ära der Gestromten und Gefilterten ist gelungen.
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Die Browning unter'm Mantel
Mit unbeeindrucktem Blick müssen die Ingenieure hier vorgegangen sein, denn genau so kaltschnäuzig benimmt sich auch der Sprössling. Ein bisschen schwer, ein bisschen träge, aber wie auf unsichtbaren Schienen geführt bringt die RS3 Limousine gefühlt 110 Prozent der Kraft auf den Teer. In 4,1 Sekunden beschleunigt der stärkste Bayern-Golf aller Zeiten auf 100 km/h, in unter 16 Sekunden fällt die 200er-Marke. Sportwagenfahrer jedenfalls beißen auf der Autobahn heulend ins Lenkrad, wenn sich der Sieben-Schuss-Selbstlader nähert. Und in grau oder schwarz lackiert ist er dazu noch wie unter der Jacke versteckt. Ein mieser Kerl, dieser RS3.
Vom Prinzip ein Über-Golf
Und man muss ihn nicht einmal fahren können: Die MQB-Plattform, auf der auch Konzernbrüder wie der VW Golf basieren, haben die Audi-Sport-Ingenieure gehörig ins Gebet genommen. Mit einem intelligenten Allradantrieb, einem Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe und dem 2,5-Liter-TFSI rückte man dem Biedermann zu Leibe. So verwandelte sich der praktische Kompaktwagen in einen Expresszug ohne Entgleisungen. Bei dem sitzt der Motor allerdings, anders als bei Sportwagen, quer vor den vorderen Domen. Durch die Limousinenform und den Allradantrieb hat man ihm seine Frontlastigkeit aber aberzogen - so heißt es.
Sicheres Fahrverhalten ohne Schnörkel
Unsere Testfahrten zeichnen das Bild eines Autos, das nichts aus der Ruhe bringen kann. Eine Destabilisierung scheint schlicht unmöglich – auch mit ausgeschalteten Fahrhilfen. Auf nasser Straße konnte nur eine Haftungsgrenze festgestellt werden. Der Allradantrieb ist nahezu unbesiegbar, verhilft der kleinen Limousine aber nicht zum schlanken Fuß. Der Grenzbereich des RS3 liegt naturgemäß höher als bei seinen Brüdern mit Frontantrieb; aber wenn er rutscht, rutscht er ebenfalls vorne. Das Fahrverhalten auf der Straße kann man, auch wegen der unermüdlich zupackenden Festkolbenbremssättel, als absolut sicher bezeichnen. Lediglich die 235er-Reifenbreite nimmt dem knapp 1600 Kilogramm schweren Allrad-Renner die Sprosse zur nächsten Haftungsstufe. Die kurz übersetzte Lenkung lässt immerhin so manchen Masseneffekt verpuffen.
Majestätisch im Kompakten
Abgesteppte Sportsessel mit Kontrastziernähten halten die vorderen Passagiere fest, auch auf den Rücksitzen feine Nähte und Karos, Carbon-Zierleisten, Edelstahl-Dekore – Besitzer von A3-Volumenmodellen finden eine neue Welt vor, wenn sie einsteigen. Lediglich die in Wagenfarbe lackierten runden Lüftungsdüsen holen den Käufer in die Welt der Kompaktklasse zurück: Sie sind wacklig geführt und wollen der ansonsten tadellosen Haptik nicht entsprechen. Gut, dass kleine Aufmerksamkeiten der Entwickler, wie etwa die Audi-Sport-Logo-Projektion auf dem Boden beim Einsteigen, dafür entschädigen wollen. Sie machen aus Bruce Wayne zwar nicht Batman aber erinnern an das Besondere: Es ist ein RS.
Entschärft aber hörbar
Häufiger wird man auch so auf den Super-A3 angesprochen. Bei einer roten Sportlimousine outen sich die Kenner: In der Nacht zu Hause angekommen gratuliert sogar ein Nachbar nach dem Parken zum RS3 – angelockt von dem eigentümlichen Brodeln der fünf Kammern. „Das ist der mit 400 PS, ne? Voll geil!“ lauten die Worte des Maschinenbauingenieurs in den besten Jahren. Dabei wurde der Sound beim aktuellen Modell schon entschärft. Das ursprünglich wilde Geknatter beim Abtouren ist von innen nicht mehr hörbar, von außen dumpfer. Am Jungfernstieg klingeln der Soko sicher trotzdem die Ohren.
Der Preis ruft die Konkurrenz
Und wenn es klingelt, ist auch die Kasse bei Audi nicht weit. 58.000 Euro sind mindestens für einen Ritt im viertürigen RS3 nötig. Unser Testwagen kostet 15.440 Euro mehr und kommt ohne Abstandstempomat oder Spurhalteassistent aus, dafür gibt’s unter anderem das größte Infotainmentsystem und Echtcarbon-Dekore. Das Highlight der Ingolstädter Preispolitik ist aber die Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 280 km/h.
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