Der Vorgänger des aktuellen Modells hatte bei seiner Abschiedvorstellung im 24-Stunden-Rennen des vergangenen Jahres einen beeindruckenden Klassensieg herausgefahren und eine neun Jahre währende Durststrecke beendet. Doch einfacher wird es nicht im Juni an der Sarthe: Außer Ferrari und Porsche, Ford und Corvette ist neuerdings auch BMW darauf aus, beim Langstrecken-Klassiker zu reüssieren.
Wenn die Zielflagge gefallen ist, werden die ersten Kunden in den Wochen danach ihre Erfahrungen mit der 510 PS (375 kW) starken Straßenversion machen. Der von Grund auf neu konzipierte Zweisitzer setzt dabei auch auf Vertrautes: Deutsche Hochleistungstechnologie wie der von AMG-Mercedes gelieferte V8-Biturbo-Motor und das Acht-Gang-Automatikgetriebe von ZF sind wesentliche Komponenten der Performance.
Neue Wege geht das Design. Kreativchef Marek Reichmann nennt es „kraftvoll und provokativ“. Der Optimierung der Aerodynamik im Hinblick auf den Renneinsatz kam dabei eine besondere Bedeutung zu. Extrem kurze Überhänge und seitliche Kiemen prägen die Seiten. LED-Scheinwerfer erlauben extrem flache Leuchtengläser an der Front.
Die von einer Blechfalte verschmälerte Taille und der rückwärtige Fahrzeugteil blieben von derlei Experimenten verschont. Serienmäßige 20-Zoll-Felgen bilden einen ausgewogenen Kontrast zu den voluminösen Radhäusern. Der große Heckdiffusor ist nicht nur optisch markant, sondern kann seine Wirkung bereits nach wenigen schnellen Runden mit der Erzeugung von reichlich Abtrieb unter Beweis stellen. Da die Auspuffanlage auf Wunsch mit zwei oder vier Endrohren ausgeliefert wird, ist die Heckschürze in der Gestaltung variabel.
Dank des vor den Hinterrädern montierten Getriebes verteilt sich das Gewicht nahezu gleichwertig auf beide Achsen. Ohne die notwendigen Betriebsstoffe und mit den optionalen Leichtbauteilen aus Karbon bringt der Vantage 1530 Kilogramm auf die Waage. Fahrbereit und mit einem normalwüchsigen Insassen dürfte das Kampfgewicht also bei etwa 1680 kg liegen – erfreulich wenig für den Schub, der mit 685 Newtonmetern (Nm) angegeben wird. Ab 2000 Umdrehungen pro Minute (U/min) liefern die beiden Turbolader maximalen Druck, so dass ein Beschleunigungsvermögen von 3,6 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h erreicht werden kann. Die geballte Zugkraft bereitet der Automatik erwartungsgemäß keinerlei Probleme. Wenn die geplante Version mit Handschaltung erscheint, wird sich erweisen müssen, ob geübte Piloten die Gangwechsel genauso schnell hinbekommen.
Regennasse Fahrbahnen stehen gewöhnlich nicht auf der Wunschliste von Testfahrern. Unbeständige Witterung und die anspruchsvolle Strecke des Motodroms bei Portimao vermochten in diesem Falle jedoch die Aussagekraft der Proberunden noch zu verstärken. Sowohl bei extremer Beschleunigung, als auch bei harter Verzögerung blieb mit den Serienreifen stets ausreichend Haftung, um die Vorzüge des vorbildlich ausbalancierten Fahrwerks auf die Straße zu bringen.
Überzeugende Dynamik und beruhigende Stabilität prägen die Eindrücke, die der Pilot aus dem Cockpit mitnimmt. Saftige Tempowechsel und überraschungsfreie High-Speed-Performance sind aber nur eine Seite der Medaille lustvoller Sportwagen-Erfahrung, die passende Sound-Kulisse die andere. Auch da zeigt der Achtzylinder keine Defizite. Brabbelnd, röhrend, fauchend, immer kernig, niemals lästig, orchestrieren er und die Abgasanlage authentisch die PS-Sinfonie. Vielleicht gibt es tatsächlich irgendwo einen Vantage-Fahrer, der 100 Kilometer mit weniger als 11 Litern Sprit erledigen kann. Bei Ausnutzung des angebotenen Spaß-Potenzials sollte man besser mit 16 bis 18 Litern rechnen.
Das wird die Kunden nicht schrecken, zumal die Deutschen sich in ihrem Sprachraum als bevorzugtes Klientel fühlen können. Ihnen wird für einen Aston Martin Vantage ohne Extras der Betrag von 154 000 Euro in Rechnung gestellt, Österreicher zahlen 219 275, die Schweizer werden um 173 900 Franken erleichtert. (ampnet/afb)
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