Die Versuchung ist groß, schon an dieser Stelle die Vorstellung des Stelvio abzubrechen. Denn das Wesentliche scheint rasch gesagt: Es ist ein Alfa mit den Eigenschaften, denen mancher hinterherweint und die jetzt eine Renaissance erleben sollen. Außen dominiert bei unserem Exemplar für die ersten Testfahrten durch die Alpen natürlich das typische Rot. Also alles in Ordnung. Auch das Gesicht ist unverkennbar das eines Alfa Romeos. Die Seiten und das Heck verblassen dagegen eher. Innen bekennt sich der Stelvio komplett zur Giulia. Design, schwarze Ausstattung, Bedienung sind gleich – nur mit größerer Kopffreiheit und einem Kofferraum von 525 Litern, der sich auf rund 1600 Liter vergrößern lässt. Auch beim Fahren stellt sich das Alfa-Gefühl ein: direkte Lenkung, sehr wenig Wanken, 50:50 Achslastverteilung, spontan ansprechende Motoren, die ihre Leistung nicht schamhaft verschweigen. An dieser Stelle kommen wir nun doch unweigerlich zu den Details. Denn zum Start am 16. März wird der Stelvio nur mit zwei Motoren zur Wahl stehen – einem 280-PS-Benziner und einem 210-PS-Diesel, beides Vierzylinder. Der Stelvio 2.2 Diesel in der höheren Ausstattungsvariant Super startet bei 47 500 Euro, der Stelvio 2.0 Turbo Super kostet ab 49 000 Euro. Der schafft den Sprint von 0 auf 100 km/h in 5,7 Sekunden. Dazu kommen in Zukunft ein 200-PS-Benziner und ein 180-PS-Diesel, der später auch nur als Hecktriebler angeboten wird. Das nährt die Hoffnung, es könne auf dieser Basis einen Stelvio knapp unter 40 000 Euro anzubieten. Zur Serienausstattung gehören bei beiden der elektronisch gesteuerte Allradantrieb Q4, der Acht-Stufen-Wandlerautomat von ZF, die Fahrdynamikregelung Alfa DNA, die elektrisch betätigte Heckklappe, 18-Zoll-Leichtmetallräder, das Infotainmentsystem Alfa Connect mit 6,5-Zoll-Display, Audioanlage, sportlich geschnittene Sitze in Leder-Stoff-Kombination und ein zünftig unten abgeflachtes Lederlenkrad sowie feste, dafür aber lange und auffällige Schaltpaddel in mattem Alu.
Ebenfalls im Serienumfang enthalten sind der Kollisionswarner mit autonomer Notbremsfunktion und Fußgängererkennung, Licht- und Regensensor, Parksensoren vorn und hinten sowie ein Spurhaltassistent. Letzterer soll offenbar den neuen Alfisti das Kurvenschneiden abgewöhnen. Denn es gelang uns nicht, den Brummlaut beim Überqueren einer Linie ohne Blinken abzuschalten. Und das Geräusch nervt.
Nicht nur mit seiner Länge von 4,69 Metern ordnet sich der Alfa Stelvio beim BMW X3, Audi Q5 oder Jaguar F-Pace ein. Alfa sieht den Stelvio als Wiedergeburt der Marke mitten im Premiumsegment und nähert sich deswegen den Preisen des Wettbewerbs an, wenn auch von untern. Das sollte er der versammelten Fachpresse jetzt bei seiner Fahrvorstellung auf dem Stilfzer Joch nahegebracht werden, dem mit 2758 Metern zweithöchsten Alpenpass, der von Österreich nach Italien führt. Dort heißt dieser Pass „Strada Statale 38 dello Stelvio“, was den Namen den neuen Alfa auch in der Praxis hinreichend erklärt hätte, wenn der Neuschnee uns nicht daran gehindert hätte, überhaupt nur in die Nähe des Stilfzer Jochs zu kommen. Immerhin wissen wir jetzt so viel: Sein Allradantrieb versetzte ihn in die Lage, die an Steigung hängengebliebenen Front- und Hecktriebler und auch wieder abwärts gerutschte Lkw zu umrunden. Ein alter Alfa wäre an solch einer Aufgabe gescheitert. Das muss man als alter Alfsti dem neuen zugestehen: Das Drama vor der Windschutzscheibe ist aus der erhöhten Sitzposition, mit feinfühliger Lenkung, dem richtigen Dreh am DNA-Schalter, dem auch im Schubbetrieb per Paddel sanft zurückschaltendem Automatikgetriebe, den gut dosierbaren Bremsen, der richtigen Musik aus der Harman-Kardon-Anlage und der passenden Sitzposition am fahrerorientierten Cockpit ein besonderes Wintersportvergnügen. Nur über das Maß der maximalen Quer- oder Längsbeschleunigung können wir nichts sagen. Da wird sich Giorgio unter besseren Bedingungen erst noch beweisen müssen. (ampnet/Sm)
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