Vielleicht wählte man deshalb mit Giulietta die Verniedlichungsform von Giulia, nicht wegen der Größe. Mit 4,35 Metern Länge und der Höhe von 1,47 Metern passt sie in die Familie der Golf-Wettbewerber. Doch anders als der klar gezeichnete, zurückhaltend gestaltete Golf, haut der Alfa auf die Design-Pauke. Coupéform mit im Fensterrahmen versteckten Türgriffen für die hinteren Türen, kurze Überhänge, ausgeprägte Keilform, markante Linien, deutliche Schweller, ausgestellte Radhäuser und ein Gesicht mit großen Augen, dem typischen Alfa-Grill in Form eines auf der Spitze stehenden Dreiecks und großen Lufteinlässe sprechen lautes, emotionales Italienisch.
Das ebenfalls sehr stark gegliederte Heck betont mit breiten Schultern den satten Auftritt. Vergrößernd wirken die LED-Heckleuchten, die bis in die Heckklappe hineinreichen. Darunter verbirgt sich ein Kofferraum von klassenüblicher Größe, der sich von 350 Liter durch Umklappen der Rücksitze auf 1045 Liter vergrößern lässt. Doch wen interessieren beim Alfa schon solche Zahlen? Wichtiger ist der optische Appell an die Gefühle des Betrachters.
Innen geht der Appell an die Emotionen weiter. Zu den sportlich geformten Vordersitzen und den beiden ähnlich stark konturierten Sitzen im Fond sowie dem unten abgeflachten Drei-Speichen-Lederlenkrad mit wenigen Bedientasten bestimmen klassische Rundinstrumente die Szene, alle umrahmt mit dickem Chrom, eingepasst in eine matt-metallic lackierte Armaturentafel und umrahmt von quellend runden Teilen aus griffsympathischem Kunststoff. Ein breiter Chromstreifen umgibt auch die Konsole auf dem Mitteltunnel mit dem Wahlhebel für die Automatik und einem Schieberegler für das D.N.A.-System.
Die drei Buchstaben stehen für „Dynamic“, „Normal“ und „Allwetter“. Solche Systeme, die den Motor schneller reagieren und höher drehen lassen, die Schaltzeiten der Automatik verkürzen (soweit das bei einem Doppelkupplungsgetriebe überhaupt möglich ist), auf jeden Fall einen tieferen Gang wählen, das elektronische Sperrdifferenzial ins Spiel bringen und vorsichtshalber schon einmal das Bremsen vorbereitet, sind heute keine Seltenheit mehr. Aber selten haben wir bisher eines erlebt, das den Charakter eines Autos so stark verändert. Wer das Auto startet, bewegt sich im Normal-Modus, freut sich über den Start-Stopp-Automatismus und ahnt nicht, welches Gokart in diesem Alfa steckt: Dr. Jekyll und Mr. Hide.
Das sportliche Herz lernt man im D-Modus dann sehr gründlich kennen und schätzten, auch wenn der Motor dann nicht mehr Sprit sparend an jeder Ampel ausgeht. Darüber können den Fahrer die Anzeigen zum D.N.A.-System auf dem in der Mitte der Armaturen ausklappbaren Bildschirm der Navigation hinwegtrösten. Hier kann man sich Ladedruck sowie Längs- und Querbeschleunigung anzeigen, seine Unterhaltungselektronik steuern und sich natürlich navigieren lassen (Aufpreis 1700 Euro).
Die D.N.A. macht aus einem Mr. Hide jederzeit einen Dr. Jekyll und umgekehrt. Sie kann sich im Familienbetrieb als sehr nützlich erweisen, weil sich die N-Giulietta benimmt wie ein normales Kompaktfahrzeug mit sportlichem Ambiente. Wenn man dann allein am Steuer die D-Giulietta herausfordert, bringt das Spaß pur, nicht nur wegen des agilen Kurventurnens, sondern auch wegen der Harmonie des Antriebs. Beim Fahrverhalten schließt die Giulietta an Geist und Leistung ihrer Vorfahren gleichen Namen an.
Der Diesel und das Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebe Alfa TCT sind gut zueinander. Die 350 Newtonmeter Drehmoment und die Schaltung, die sich auch über Paddel am Lenkrad oder sequenziell von Hand schalten lässt, sorgen für immer passenden und – angesichts der rund 1,5 Tonnen Leergewicht – beeindruckenden Vortrieb. Im D-Modus kann das schon einmal acht Liter auf 100 km kosten, im N-Modus einen guten Liter weniger. Wer den Normverbrauch von 4,5 Liter auf 100 km erfahren will, muss sich sehr zurücknehmen. (ampnet/Sm)
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