Montag, 27. Juli 2009 Angebot statt Zwang in den Städten von Morgen
Cocept Blue Zero von Daimler
Vor zwei Jahren geschah es. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit lebten 2007 mehr als 50 Prozent der Bewohner unserer Erde in Städten. Und diese Entwicklung verstärkt sich. Was wir in Deutschland an Wanderbewegungen runter vom flachen Land, hinein in die Städte erleben, findet überall statt, aus den unterschiedlichsten Gründen zwar, aber eben weltweit. Das kann nicht ohne Folgen für unseren Umgang mit dem Auto bleiben. Diese Einsicht treibt auch Automobilhersteller wie Daimler um. Beim Pressetermin mit dem blumigen Titel „On Road to emission-free Mobility“ gab es kürzlich nicht nur Fahrzeuge auszuprobieren, die sich heute schon auf der Straße zur abgasfreien Mobilität bewegen. Es gab auch Nachdenkliches. Alexander Mankowsky, Trendforscher aus dem Hause Daimler, wartete dort in einem Gespräch mit unserer Redaktion mit einem Feuerwerk von Gedanken auf, die sich trotz der Fülle in einem Satz zusammenfassen lassen: Die Zukunft wird bunt.
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Damit zeigt Mankowsky einen völlig anderen Weg auf als unsere Umweltorganisationen, für die der Weg in die Zukunft immer noch ausschließlich über den Verzicht führt: Raus aus den großen Autos, rein in die kleinen; raus aus dem Flugzeug, rein in die Bahn, rauf aufs Rad oder rein in den öffentlichen Personen-Nahverkehr; weg mit den Dieseln, hin zum Elektroantrieb; bloß keine fossilen Brennstoffe verwenden. Und hinter allem steht moralischer Druck, messianischer Eifer und Zwang.
Mankowsky dagegen entwirft das Bild einer heiteren Zukunft. Er spricht von Genuss und nicht von Verzicht. Zwei Mega-Trends prägen für ihn die nächsten Jahrzehnte: auf der einen Seite die Urbanisierung und auf der anderen Seite eine Entwicklung hin zu städtischen Regionen, die miteinander im Wettbewerb stehen.
Zunächst lenkt der Trendforscher den Blick in die Vergangenheit. Er erinnert an die Arbeit großer Stadtplaner für ihre Städte der Zukunft. Manhattan nennt er als Beispiel für eine autozentrierte Stadt. Alles schön übersichtlich und mit breiten Straßen im Wechsel mit Hochhäuser, damit die Stadt flächenmäßig nicht zu groß wird und einigen Grünflächen. Auch europäische Großstädte pflegten im vergangenen Jahrhundert noch solche Visionen. Heute wissen wir, dass die alle ins Chaos führen, nicht nur ins Verkehrschaos.
Mankowsky sieht weltweit eine Abkehr von diesem Ideal der Stadt. Er hält aber auch die Zersiedelung der Landschaft, wie man sie mit den scheinbar unendlichen „Condominion“-Siedlungen aus ewig gleichen Häusern rund um amerikanische Großstädte erleben kann, für einen Weg ins Chaos. Auf der anderen Seite reklamiert er individuelle Mobilität als Ausdruck und Voraussetzung der Freiheit des Einzelnen und der Gesellschaft: „Was einem fehlt, merkt man persönlich erst, wenn einem die Mobilität verweigert wird.“
Der Trendforscher sieht deswegen die Renaissance des europäischen Stadtbild voraus. Weltweit findet er bei seinen Recherchen mmer mehr städtebauliche Visionen und Planungen, die ein bewohnbares städtisches Ambiente zum Ziel haben, etwa den Champs Élisée zu einem grünen, Boulevard umzugestalten wollen, auf dem Fußgänger, Radfahrer aber auch Autofahrer mit einander existieren.
Die zukünftige Entwicklung wird aber auch geprägt von lokalen Entwicklungen zum Beispiel in urbanen Großräumen wie London. Die Citymaut ist dort längst eingeführt, Elektroautos allerdings fahren mautfrei. In Schweden favorisiert man den Alkohol als alternativen Kraftstoff für Verbrennungsmotoren. In anderen Regionen sieht man die Zukunft im Biokraftstoff oder im Erdgas.
Die Technik von heute gibt jeder Regionen die Chance, mit dem besten Mix zugunsten der Bürger und der Umwelt im Wettbewerb mit anderen Regionen zu punkten. Dabei geht es nicht mehr um die Entscheidung für einen Kraftstoff oder eine Energiequelle. Genauso wenig geht es um den Zwang, sich für oder gegen das eine oder andere Verkehrsmittel zu entscheiden. Mankowski sieht die Bürger wie die urbanen Regionen war der Qual der Wahl.
Er sieht ein Mitander vieler Verkehrsmittel und nennt das Multimodalität. Die heutige Automobiltechnik eröffnet die Wahlfreiheit. Es gibt nicht mehr nur eine richtige Antriebsart oder nur ein richtiges Antriebskonzept: Benzin, Diesel, Bio, Gas, Strom – die ganze Palette steht zur Verfügung.
Gleiches gilt auch für die Verkehrsmittel selbst. Zu Fuß gehen, Rad fahren, ein Auto teilen, ein Auto bei Bedarf (Car2go), öffentliche Verkehrsmittel, große Autos. Alles ist möglich, zumal dann, wenn das Fahrzeug in der Innenstadt ohne Emissionen betrieben werden kann. Mankowski sieht in der Zukunft also nicht Verzicht und Zwang, sondern Angebot und Auswahl.
Schaut man sich die Palette der Fahrzeuge an, die Daimler heute entwickelt oder schon auf den Straßen hat, dann sieht man, das Unternehmen glaubt seinem Zukunftsforscher. Man lässt keinen Weg aus, der in die Zukunft führen könnte, weder bei der Automobiltechnik, noch bei Erprobung möglicher Verkehrskonzepte. (ar)
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