Mittwoch, 24. März 2010 Elektromobilität braucht Schulterschluss von Politik
„Der weltweite Wettlauf um die Elektromobilität hat begonnen. Wichtige Autoländer sehen in der Elektromobilität die strategische Chance, die Spitzenstellung der deutschen Automobilbranche bei Verbrennungsmotoren wettzumachen. Es kommt nun entscheidend darauf an, dass der Industrie- und Forschungsstandort Deutschland keinen Wettbewerbsnachteil erleidet. Es gilt durch schnelles, unbürokratisches Handeln das notwendige Know-how in Deutschland aufzubauen“, betonte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf dem 12. Technischen Kongress des VDA in Ludwigsburg. „Deutschland hat die Chance, als Industrie- und Wissenschaftsstandort die Führung bei der Elektromobilität mit zu übernehmen. Unsere Industrie – Automobilhersteller und Zulieferer – hat dieses Zukunftsfeld ganz oben auf der Agenda ihrer Entwicklungsschwerpunkte. Sie treibt ihre Forschungsaktivitäten mit aller Kraft voran.“
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Wissmann unterstrich: „Das Lastenheft ist umfangreich: Wir brauchen Batterien, die leicht sind, eine große Zyklenfestigkeit aufweisen, eine hohe Energie- und Leistungsdichte, einen guten Entlade- und Ladewirkungsgrad, eine hohe Sicherheit und eine lange Lebensdauer haben, also schlicht ‚autofähig’ sind. Und dies alles auch noch zu vertretbaren Kosten.“ Bislang seien die Batteriekosten für den Volumenmarkt noch deutlich zu hoch. „Bei einem Elektro-Fahrzeug der unteren Mittelklasse, das in naher Zukunft auf den Markt kommt und eine Reichweite von 150 Kilometern hat, ist mit Mehrkosten von 10.000 bis 15.000 Euro gegenüber einem Pkw mit Verbrennungsmotor zu rechnen. Auch bei einer angenommenen Preisreduzierung durch Skaleneffekte hat der Kunde im Jahr 2020 noch einen Mehrpreis von 7.000 bis 10.000 Euro zu bezahlen. Im Vergleich zu konventionellen Antrieben werden Elektrofahrzeuge also noch lange eine große ökonomische Herausforderung bleiben“, betonte der VDA-Präsident.
„Hier ist die Politik ist gefordert. Sie kann die Markteinführung von Elektroautos nicht allein dem Markt überlassen. Aber sie kann auch nicht im nationalen Alleingang den Königsweg suchen. Sonst geraten wir in einen Subventionswettlauf verschiedener Nationen, der letztlich der Industrie und dem Kunden nicht wirklich weiterhilft,“ sagte Wissman. „Wir brauchen über die nationalen Grenzen hinaus ein vergleichbares Wettbewerbsumfeld bei den Rahmenbedingungen, der Forschungsförderung und den Markteinführungsimpulsen. Eine Standardisierung der Schnittstellen zwischen Elektrofahrzeug und Infrastruktur in Europa und Übersee ist ebenso notwendig wie leistungsfähige Infrastrukturen und nicht zuletzt klimafreundliche Energie für Elektroautos“, sagte Wissmann. Wie ein solcher integrierender Ansatz aussehen könne, habe die Automobilindustrie mit der deutsch-französischen Einigung über einen gemeinsamen Ladestecker gezeigt.
Bei der Elektromobilität haben, so Wissmann weiter, Automobilindustrie, Energiewirtschaft und Elektroindustrie bereits durch gemeinsame Standards „wichtige Vorarbeiten“ geleistet: „Die Industrie bündelt dabei die Aktivitäten unter Führung der Automobilindustrie. Bis zum Spitzengespräch mit der Bundeskanzlerin am 3. Mai 2010 werden Bundesregierung und Wirtschaft – über die Geschäftsstelle Elektromobilität und den Lenkungsausschuss – eine Struktur für ein gemeinsames Arbeitsprogramm entwickeln.“ Im Einzelnen gehe es dabei um die Arbeitsfelder Antriebstechnologie und elektrische Energiespeicher, also beispielsweise leistungsfähige Lithium-Ionen-Batterien, den Aufbau einer Infrastruktur, der Netzintegration, der Normung und Zertifizierung sowie der Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen.
„Die Politik ist gut beraten, der Industrie keine Steine in den Weg zu legen – und das Autofahren für den Bürger nicht weiter zu verteuern. Ihre Aufgabe sollte es daher sein, die enormen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der gesamten Automobilindustrie durch langfristig angelegte Anstrengungen bei Hochschulen und Forschungsinstituten zu begleiten, die Einführung der Elektromobilität durch ein gemeinsames Wettbewerbsumfeld in Europa zu flankieren, eine faire Besteuerung für Elektrofahrzeuge zu gewährleisten, und den Aufbau einer funktionstüchtigen flächendeckenden Infrastruktur zu unterstützen“, betonte Wissmann. Eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sei notwendig, um die nationalen Strategien zu koordinieren und einen „Flickenteppich an Einzelregelungen“ zu verhindern. Hier sollten alle Kräfte gebündelt werden, um die erforderliche globale Standardisierung von Schnittstellen zu erreichen. (auto-reporter.net/pha)
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