Sonntag, 28. August 2011 Autokonjunktur – Genaues weiß man nicht. Oder doch?
Optimismus darf sein, doch wie sich die Dinge im Umfeld einer offenbar unberechenbaren Weltpolitik auch für die Automobilindustrie entwickeln, ist noch im Nebel. Foto: UnitedPictures/Auto-Reporter.NET
Mutig oder verwegen? – Fragen lassen so hellseherische Vorstöße in die politische Zukunft unseres Landes und seines Automobilbaus. Vermeintliche Weitsicht, mit der in unsicheren Zeiten so manches angeblich naheliegende Szenario entworfen wird, mag als beneidenswerte Gabe erscheinen. Ist im Grunde aber nicht jeder Blick in die Ferne, zum Horizont, kaum mehr als bloße Vermutung, eher wohl Wagnis? – Schließlich können die Konturen einer Entwicklung, die sich da angeblich abzeichnet, im Nu wieder verwischen und ganz anderen Erscheinungen Platz machen. Das lehrt die Erfahrung.
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Aber eben auch das: Es muss durchaus nicht so schlimm kommen wie vielleicht zunächst befürchtet. Leider funktioniert solcher Wechsel auch andersrum. Eine Wende zum Besseren lässt sich freilich am wenigstens mit der albernen Angewohnheit schaffen, den Gang der Dinge schlechtzureden. Lohnender, weil weit hilfreicher, sind Blicke auf Tendenzen, Entwicklungen, die sich bereits seit geraumer Zeit abzeichnen, ja sogar zunehmend verstärken. Sie sollten Orientierung geben dürfen. So hält das ein Beitrag im aktuellen „Manager-Magazin“, der sich vor allem auf dem derzeit demonstrierten Selbstbewusstsein der deutschen Automobilhersteller, der „Formel Germany“, gründet.
Ja, sehr schnell kann sich das Blatt wenden! Noch ist es nicht vergessen, das Jammertal jenes jähen Absatzeinbruchs, das sich nur notdürftig mit der Abwrackprämie überwinden ließ. Nicht alle Automobilunternehmen haben den Schock restlos verarbeitet, sind nicht über den Berg. Einige gerieten trudelnd in fremde Hände. In trockenen Tüchern wähnen sie sich dennoch nicht.
Raus aus der Gefahrenzone ist auch die gesamte internationale Automobilbranche nicht. Einer neuen Krise könnten Unternehmen zum Opfer fallen, deren verfolgte Strategie nicht zu kommenden Herausforderungen passt, die finanziell aber auch nicht nachlegen könnten, um mit einer Wende rasch Anschluss zu gewinnen. Zulieferer betrifft das ebenso. Die Autobranche begleiten Unsicherheiten. Niemand kann heute doch sagen, ob die Orientierung auf reinen Elektroantrieb zunehmend an Dynamik gewinnt, nachdem es eher nicht so aussieht, als verliere das Konzept in absehbarer Zeit sein systembedingtes Haupthandicap, die geringe Reichweite. Marken, die die Effizienz des Verbrennungsmotors im Auge behalten, scheinen gut beraten zu sein.
Auch in dieser Hinsicht sieht sich die „Formel Germany“ weise aufgestellt. Sorgenfreiheit aber beschert das nicht. Immer deutlicher wird, dass den Erfindern des Automobils mit dem Autogiganten Hyundai ein ernsthafter Konkurrent auf den Pelz rückt. Die Koreaner scheinen die bisherige Rolle Toyotas übernehmen zu wollen. Selbstbewusst hat sich Hyundai vor Jahren auf den Weg zur globalen Spitze begeben, ohne dass das offenbar rundum so recht wahrgenommen worden ist. Wie Hyundais jüngste Modelle dokumentieren, ist mittlerweile aber außerordentlich beeindruckendes Know-how in Technik und Design versammelt, von dem offenkundig auch Tochter Kia profitiert. Im Schaufenster der nahen IAA in Frankfurt werden sich automobile koreanische Highlights geradezu mit Wonne spiegeln.
Der Schlagabtausch mit den strebsamen Koreanern dürfte sich kaum weniger spannend gestalten als das, was fortan in China und Indien passiert. Auch an den Entwicklungen dort hängt ganz wesentlich das weitere Gedeihen der „Formel Germany“.
Optimismus darf sein. Doch voraussagen kann eben niemand, wie sich die Dinge im Umfeld einer offensichtlich unberechenbaren Weltpolitik letztlich entwickeln. Die internationale Autobranche muss darauf gefasst bleiben, auch Überraschungen hinzunehmen, die eigentlich nicht vorhersehbar waren. (Auto-Reporter.NET/Wolfram Riedel)
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