Der Vorgänger des heutigen 911 mit der Typbezeichnung 997 wog 1455 Kilogramm, was schon einen Bestwert in der Klasse darstellte. Der aktuelle Carrera wiegt 1415 Kilogramm, also 40 Kilogramm weniger, obwohl 58 Kilogramm zusätzlich an Bord genommen wurden. Allein 15 Kilogramm davon bringen die Systeme auf die Waage, die – wie das Start-Stopp-System – der Senkung des Verbrauchs dienen. Insgesamt haben die Entwickler beim 911 also 98 Kilogramm wegkonstruiert. 80 Kilogramm hat davon allein die Rohkarosse eingebracht.
Die Experten im Weissacher Entwicklungszentrum sind sich einig: Auch in Zukunft wird die Rohkarosse bei den Gewichtsreduzierungen den Löwenanteil bringen müssen. Die Beiträge der anderen Bauteile werden kleiner ausfallen. Wie das geht, zeigt der aktuelle 911. Er ist das erste Beispiel aus dem Hause Porsche, bei dem der Grundsatz umgesetzt wird: Der richtige Werkstoff an der richtigen Stelle.
Der Typ 997 hatte noch eine Ganzstahl-Rohkarosse. Wäre man diesen Weg weitergegangen, wäre die Rohkarosse deutlich schwerer ausgefallen. Die neue Karosserie für das Coupé bringt es auf 249 Kilogramm und für das Cabrio auf 246,5 Kilogramm. Dafür verantwortlich ist der Materialmix: Bei der Rohkarosse des Coupés werden 44 Prozent Aluminium, 15 Prozent weiche Tiefziehstähle, 18 Prozent höherfeste Stähle, sieben Prozent Dualphasenstähle und 16 Prozent ultrahochfeste Stähle eingesetzt.
Die Auswahl des richtigen Materials ist nicht die einzige Aufgabe der Entwickler bei einem intelligenten Leichtbau. Die unterschiedlichen Materialien müssen auch mit einander verbunden werden. Dazu werden alte, aber auch innovative Techniken eingesetzt, die bisher im Karosseriebau nicht bekannt waren: Schutzgasschweißen auch von Aluminium, das Widerstands-Punktschweißen, das Bolzenschweißen mit Hubzündung, das Durchsetzfügen, die Holstanznieten und das Verbinden durch Durchbohren mit fließlochformenden Direktschrauben mit selbstschneidendem Gewinden.
Überall dort, wo unterschiedliche Materialien mit einander verbunden werden, kommt Kleber zum Einsatz, der den direkten Kontakt verhindert und zur Steifigkeit beiträgt. Das Ergebnis: Die dynamische Torsionssteifigkeit der Karosserie des 911er Coupés liegt um ein Fünftel höher als die des Vergängermodells.
Der Blick in die Zukunft des Leichtbaus richtet sich auf die leichtere Materialien. Noch mehr Aluminium wird verwendet werden, aber auch Magnesium, das nur ein halb so viel wiegt wie Aluminium und nur 25 Prozent des Gewichts von Stahl mitbringt. Daneben gewinnen Kunststoffe an Bedeutung, etwa kohlefaserverstärkter Kunststoff (CFK) oder langfaserverstärktes Thermoplast (LFT) und andere Spielarten.
Der Porsche Carrera GT war das erste Straßenfahrzeug, bei dem nicht nur das Chassis, sondern auch der Aggregateträger vollständig aus Carbon (CFK) bestand. In wenigen Monaten wird der Superspotwagen Porsche 918 Spyder auf den Markt kommen. Der wird eine tragende, von der Außenhaut getrennte, CFK-Struktur bekommen. Vordere und hintere Längsträger bestehen aus Aluminium-Strangpressprofilen. Dieses Konzept verbindet hohe Steifigkeit mit geringem Gesamtgewicht und sehr guter Energieaufnahme bei Kollisionen.
Bei dessen Entwicklung, berichten die Entwickler, habe man viele Erfahrungen auf dem Gebiet der Fügetechnik, über das Korrosionsverhalten und das Verhalten von Materialien im Mischverbund bei Wärmeausdehnung gewonnen. Die können die Weissacher ja nun mit den Ultras aus Ingolstadt austauschen, alles im Sinne der zukünftigen Leichtigkeit des Seins am Steuer. (ampnet/Sm)
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