Montag, 14. April 2008 Daimler: Zurück zu alter Stärke
Daimler AG, Hauptversammlung am 9.04.2008, ICC- Berlin: Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG.
Wann hat es so eine friedliche Daimler-Hauptversammlung das letzte Mal gegeben? Man mag sich kaum noch daran erinnern, selbst die letzte ausserordentliche im vergangenen Oktober, auf der die Trennung von Chrysler gutgeheissen wurde, war den Wortmeldungen nach keine besonders freundliche, um es zurückhaltend auszudrücken. Diesmal war alles ganz anders.
|
Nach Dieter Zetsches sehr ruhig vorgetragener Rede und einigen Beifallskundgebungen verlief sogar die Fragestunde der Aktionäre friedlich. Wo in den letzten Jahren zornig geschimpft worden war, überwog das Lob für die geleistete Arbeit. Schliesslich hatte Dieter Zetsche zuvor die nüchternen Fakten dargelegt, die deutlich machen, welches Drehmoment auf einmal greift, nachdem die Trennung von Chrysler vollzogen ist. Dass dies eine richtige Entscheidung war, wurde sogar ganz unverblümt, gleichwohl diplomatisch formuliert von Aufsichtsratschef Manfred Bischoff zum Ausdruck gebracht: "Sicher würden Vorstand und Aufsichtsrat mit dem heutigen Wissensstand so manche Entscheidung heute nicht mehr treffen", räumte er ein und traf damit spürbar auf das Wohlwollen bei den Aktionären, die solche Selbstkritik lange vermissen mussten. Die Aktionäre und Journalisten erlebten eine völlig neue Hauptversammlungskultur bei Daimler. Dazu hätte es wohl nicht einmal der Aufforderung des Aufsichtsratsvorsitzenden bedurft, der am Anfang meinte: "Ich möchte an alle appellieren, dass wir in unserer Aussprache einen Ton finden, der der Kultur des Unternehmens gerecht wird." Die Stimmung war einfach nicht danach, aggressiv zu werden. Schliesslich konnte der Daimler-Chef in allen Bereichen auf erreichte Erfolge verweisen. Und da hat sich doch einiges zum Guten gewendet. Die Gewinne steigen, eine Rendite von über neun Prozent ist mehr, als mancher dies in so kurzer Zeit für möglich gehalten hätte. "Damit waren wir 2007 profitabler als in den letzten 20 Jahren", freute sich der Daimler-Chef. Der Absatz bei Mercedes-Benz 2007 sei rekordverdächtig, "alle unsere Werke sind ausgelastet", auch 2008 setze sich dieser Trend im ersten Vierteljahr fort, berichtete Dieter Zetsche. Die Aktionäre klatschten Beifall. Hauptversammlungen sind ein sensibles Organ für die Stimmung in einem Unternehmen und in der öffentlichen Wahrnehmung. Wichtiger als die zu diesem Zeitpunkt immer schon bekannten Zahlen der Bilanz ist die Art, wie die Aktionäre das Unternehmen sehen. Stimmzahlrechtlich sind die anwesenden Aktionäre zwar meistens eine Minderheit, aber an ihren Wortmeldungen lässt sich die Stimmung ablesen und ob das Unternehmen wirklich erfolgreich unterwegs ist oder nicht. Stimmzahlrechtlich zwar immer eine Minderheit, lässt sich an den Wortmeldungen ablesen, ob das Unternehmen wirklich erfolgreich unterwegs ist oder nicht. Gemessen daran muss Daimler sehr erfolgreich sein. Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft deutscher Kapitalanleger, in den letzten Jahren einer der schärfsten Kritiker auf Daimler-Chrysler-Hauptversammlungen, sagte: "Es fühlt sich ein wenig fremd an, hier zu loben." Der Daimler-Chef hatte die Erfolge der letzten Zeit eher bescheiden zelebriert. Sie drängen sich auch so ins Bewusstsein der Aktionäre, die in den letzten Jahren mit guten Nachrichten nicht gerade überschwemmt worden waren. Dass das Unternehmen zurück zu alter Stärke gefunden hat, war auf der Hauptversammlung in Berlin förmlich greifbar. (ar/PS/HU)
|