Daimler-Chef Dieter Zetsche hat eine gute Entscheidung getroffen, dem Aufsichtsrat Bernhards Rückkehr ins Haus zu empfehlen. Der Aufsichtsrat dürfte dem ohne Zögern zugestimmt haben, denn die Entwicklung bei Mercedes-Benz Cars macht Sorgen. Mit der Entscheidung, Bernhard für höhere Aufgaben bei Mercedes in Stellung zu bringen, hat Zetsche intern deutlich gemacht, dass er mit der Entwicklung der wichtigsten Automarke im Konzern äußerst unzufrieden ist und vieles zu ändern gedenkt. In absehbarer Zeit wird Dieter Zetsche seinen Hut als Mercedes-Boss abgeben und nur noch Daimler-Chef sein wollen. Die Personalentscheidung Bernhard dürfte ein paar Anwärtern auf den Mercedes-Thron klarmachen, dass sie ihre Hoffnungen begraben können, einmal Mr. Mercedes zu werden. Das ist für den Einzelnen zwar bitter, aber die Marke hat in den letzten Jahren zu deutlich an Glanz verloren. Zetsche tut gut daran, einen echten Car Guy, einen leidenschaftlichen Automann mit Benzin im Blut, an Bord zu holen, der viel von Markenführung und Mercedes-Benz versteht. Zu viel ist in den letzten vier Jahren in die falsche Richtung gelaufen, angefangen von der Werbung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit, von der Wahrnehmung der Marke bis hin zu markenprägenden Begriffen. Hier haben BMW (EfficientDynamics) und Volkswagen (BlueMotion) Mercedes abgehängt. Die Marketingmanager haben sich zwar viele hochtrabende Begriffe (True Blue Solutions, Blue Efficiency, Blue Hybrid etc.) einfallen lassen, sie wurden aber (noch) nicht ausreichend mit glaubwürdigen Produkten und Technologien hinterlegt. Das Effizienzprogramm greift erst jetzt langsam, kommt aber zu spät, um die Wettbewerber in Sachen Umwelt- und Innovationsimage einzuholen. Wie sehr die Wahrnehmung der Marke Mercedes-Benz gelitten hat, machte zuletzt der Wettbewerb "Die besten Autos der Welt" von "Auto, Motor und Sport" deutlich. In sämtlichen Kriterien musste sich die Marke mit dem Stern hinter der Konkurrenz einreihen. Für viele Mercedes-Manager eine Schmach, wie sie grösser nicht sein kann. Schliesslich sind die Autos nicht schlechter, sondern unumstritten immer besser geworden. In der Qualität, in der Technologie, im Design, eigentlich in allen wichtigen Kriterien. Da muss man sich bei Mercedes schon fragen, warum das von den Lesern so wenig honoriert worden ist, warum die Fakten draussen bei den Menschen nicht angekommen sind. Die Leserbefragung bei ams ist für viele Experten die ehrlichste Marktforschung, weil hier nicht Autoexperten ihre Stimme abgeben, sondern die Wahrnehmung einer Marke dort abgefragt wird, wo sie am unmittelbarsten in Erscheinung tritt: in der interessierten, autoaffinen Öffentlichkeit. Da können sich die Marketingexperten und Öffentlichkeitsarbeiter bei Mercedes noch nicht sehr auf die Schultern klopfen: Ihre nur sehr sporadisch kommunizierten guten Botschaften sind einfach nicht ausreichend in der Öffentlichkeit angekommen. Punkt. Was ist schiefgelaufen? – Es ist wie immer, dass viele kleine Fehler, die im Einzelnen kaum zu erkennen sind, in der Summe solche Folgen haben. Es fängt bei der Werbung an. Ist die aktuelle Werbung, wie sie die als Topagentur gerühmten Werber von Jung von Matt für Mercedes kreierten, das Gelbe vom Ei? Wo sind die Spots, an die sich noch nach Jahren jeder erinnert? Immer wieder hört man sogar bei Mercedes diese Frage, die dann gleich mit zwei Beispielen untermauert wird: Die Ohrfeige, mit der eine Frau ihrem Mann Fremdgehen unterstellt, weil er behauptet, eine Panne gehabt zu haben. In einem Mercedes?!, machte jedem sehr intelligent und humorvoll klar, dass das eine Lüge sein musste. Auch der Werbespot "Willkommen zu Hause" stammt aus einer Zeit, in der die Marke in der ams-Leserumfrage immer wieder Spitzenplätze belegt hatte. (ar)
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