Bei einer Produktionskapazität von sieben Exemplaren pro Tag, die in den normalen Fertigungsprozess im Werk Valenciennes nahe der belgischen Grenze eingetaktet sind, wird die Versorgung der Besteller eine Weile in Anspruch nehmen. Sie freuen sich auf eine der muntersten Rennsemmeln, die je mit den Vorderrädern über den Asphalt radiert sind. Einem Fahrzeuggewicht von 1135 Kilogramm stehen 156 kW / 212 PS gegenüber – nahezu das Doppelte dessen, was der stärkste Yaris „von der Stange“ leistet. Der Yaris GRMN holt diese Motorkraft aus 1,8 Litern Hubraum. Behilflich ist dabei ein Kompressor, der angesichts des eng bemessenen Platzes unter der Fronthaube den Vorzug vor einem Turbolader als Mittel zur Leistungssteigerung erhielt.
Außer einem aus schwarzen, weißen und roten Farbelementen komponierten Lacktrimm zeichnen den Yaris GRMN LED-Scheinwerfer, Änderungen an Grill, Außenspiegeln sowie Nebellampen aus, das Dach ist generell schwarz, ein zentrales Endrohr der Abgasanlage prangt über dem Heckdiffusor. Das Sportfahrwerk ist gegenüber dem „zivilen“ Yaris um 24 Millimeter abgesenkt. Auffälligstes Merkmal des Innenraumes sind die perfekt ausgeformten Sportsitze, die Insassen über 120 Kilogramm Körpergewicht allerdings als etwas eng geschnitten empfinden könnten. Das Lederlenkrad hat eine 12-Uhr-Markierung, ähnlich der, die passionierte Toyota-Fans aus dem Coupé GT 86 kennen. Alu-Sportpedale, ein zentraler Starterknopf und die Rennsport-inspirierte Animation im TFT-Bildschirm beim Anlassen sind weitere Eigenheiten des Neulings.
Ob viele der späteren Besitzer die Gelegenheit suchen werden, ihren GR-Yaris auf dem Rundkurs zu bewegen, lässt sich schwer beantworten. Aber man kann ihnen aufrichtig dazu raten, denn anders ist das Spaßpotenzial des 3,95 Meter kurzen Kraftzwergs nur schwer frei zu setzen. Bei der Vorstellung des Fahrzeugs versäumt es Toyota nicht, auf die Zusammenarbeit mit den britischen Rennsportspezialisten von Lotus hinzuweisen, die dem 1,8-Liter-Vierzylinder ihre Expertise haben angedeihen lassen. Mit optimierter Zündung und Einspritzung, einem speziellen Ölkühler (ein Novum bei Toyota) sowie einem größeren Frontstabilisator, Sachs-Stoßdämpfern und dem Torsen-Differenzial treibt man diesen Yaris energisch aus der Boxengasse.
Da bei 4800 Umdrehungen 250 Newtonmeter an der Vorderachse reißen, rechnet man mit deutlichen Antriebseinflüssen in der Lenkung, doch die sind erstaunlich gering. Besonders weiche UHP-Reifen dürften ihren Teil dazu beitragen, genug Grip aufzubauen, doch Projektleiter Steijn Peeters versichert, dass die von Bridgestone gelieferten Serienreifen den Testpneus nur wenig nachstehen. Selbst bei ausgeschalteten Stabilitätssystemen überrascht der Racing-Yaris mit guter Beherrschbarkeit, williger Spurtreue und Folgsamkeit bei Richtungsbefehlen.
Das Ansprechverhalten ist vorbildlich und wer sich nach ein paar Runden an das etwas hakelige, dafür aber sehr kurzwegige Sechs-Gang-Getriebe gewöhnt hat, dem fällt es leicht, die Fuhre temperamentvoll unter Feuer zu halten. Der Kupplungsweg ist für einen Sportwagen überraschend lang, die Federung von einer Härte, dass übersehene Temposchwellen in Wohngebieten nachhaltig disziplinieren. Für den Standardspurt wird ein Wert von 6,4 Sekunden angegeben, erst bei 230 km/h soll ihm endgültig die Puste ausgehen. Fortgesetzte Versuche, dies unter Beweis zu stellen, können natürlich nicht ohne Folgen bleiben: Statt des auf der Rolle ermittelten Normverbrauchswertes von 7,5 Litern je 100 Kilometer dürfte sich der Konsum dann zweistelligen Größenordnungen nähern.
Bleibt nur noch die Frage zu klären, wofür die Buchstaben MN in der Modellbezeichnung stehen. Sie sind als Abkürzung für „Masters of Nürburgring“ gedacht, denn Gazoo Racing, das Motorsportteam von Toyota, hat seinen Sitz an der legendären Rennstrecke in der Eifel. (ampnet/afb)
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