Dienstag, 15. Juni 2010 Fahrzeugsicherheit teilt Deutschland
Unterschieden nach Fahrzeuggattung, gab es bei den Nutzfahrzeugen mit durchschnittlich 3,2 Mängeln je Fahrzeug die meisten Beanstandungen. Foto: GTÜ/auto-reporter.net
Schätzungsweise mehr als acht Millionen Kraftfahrzeuge in Deutschland sind so stark mit Mängeln behaftet, dass eine verpflichtende Wiedervorführung zur Hauptuntersuchung angeordnet werden müsste. Das ergab eine vom Auto Club Europa (ACE) vorgenommene Hochrechnung. Wegen ihres kaputten Zustands gehörten sogar mehr als 30.000 Fahrzeuge auf der Stelle aus dem Verkehr gezogen. Die Hochrechnung basiert auf dem Gesamtfahrzeugbestand von 41,7 Millionen und auf den vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) 2009 zusammengestellten Ergebnissen der 25,5 Millionen Hauptuntersuchungen. Besonders auffallend sind die Ergebnisse der einzelnen Bundesländer. Danach rollen vor allem auf den Straßen im äußersten Westen und Norden Deutschlands überdurchschnittlich viele verkehrsunsichere Autos. Anders ist die Lage in den mittig und östlich gelegenen Bundesländern, wo sich die Fahrzeuge in einem besseren technischen Zustand befinden.
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Nur knapp über die Hälfte der 2009 zur HU vorgestellten Kraftfahrzeuge erwiesen sich als mängelfrei. Mehr als 7,5 Millionen Fahrzeugen wurde die Prüfplakette erteilt, obwohl Mängel protokolliert wurden; diese waren aber weniger schwerwiegend. 17 Prozent aller Fahrzeuge mussten wegen gravierender technischer Unzulänglichkeiten erneut vorfahren. 15.744 Fahrzeuge wurden von den Prüfingenieuren als absolut verkehrsunsicher eingestuft und auf der Stelle stillgelegt.
Der größte Anteil von Fahrzeugen mit erheblichen oder sogar verkehrsgefährdenden Mängeln gab es im Stadtstaat Bremen. Von 1.000 geprüften Fahrzeugen bestanden 184 die HU nicht. Die zweithöchste Mängelquote wiesen (jeweils 182) NRW und das Saarland auf. Im Saarland stieg zudem die Zahl der als verkehrsunsicher klassifizierten Fahrzeuge binnen eines Jahres um 37,9 Prozent. Der Klub spricht hier von einer Problemregion in puncto Verkehrssicherheit. Deutlich über dem Durchschnitt lagen mit 179 Beanstandungen Mecklenburg-Vorpommern sowie Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein (je 176). Leicht über dem bundesdeutschen Level von 170 liegen die Hansestadt Hamburg (174) und Niedersachsen (172).
Besser als der bundesweite Durchschnitt von 170 waren die Ergebnisse in Baden-Württemberg (169), Hessen (167) und Sachsen (163). Obwohl in Bayern insgesamt mehr als jedes zweite Fahrzeug Mängel aufwies, lag der Anteil der als „erheblich“ eingestuften Defekte bei nur 162.
Die wenigsten gravierenden Mängel wurden in den östlichen Bundesländern festgestellt. Offenbar achten Fahrzeugbesitzer hier mehr auf Pflege und technischen Zustand ihrer Gefährte, vermutet der ACE. Brandenburg und Sachsen-Anhalt bringen es auf eine Quote von 160; in Brandenburg ist allerdings ein Anstieg der verkehrsunsicheren Fahrzeuge von 31,8 Prozent gegenüber 2008 zu beklagen. In der Gesamtbilanz noch besser schnitt Thüringen (158) ab. Den Pokal für die geringste Durchfallquote dürfen die Berliner für sich in Anspruch nehmen: Nur 157 von 1.000 Fahrzeugen wurden zur Wiedervorführung geladen.
Unterschieden nach Fahrzeuggattung, gab es bei Nutzfahrzeugen mit durchschnittlich 3,12 Mängeln je Fahrzeug am häufigsten Anlass zu Beanstandungen, bei Pkws waren es durchschnittlich 2,63 Mängel. An mehr als jedem dritten Wagen (34,1 %) war die Lichtanlage nicht in Ordnung, bei jedem vierten Pkw wurde die Bremsanlage beanstandet. Räder und Achsen mussten bei jedem fünften Pkw moniert werden.
Auffallend auch die Abhängigkeit der Beanstandungen vom Fahrzeugalter. Bei den mehr als neun Jahre alten Pkws wurden bei knapp 70 Prozent technische Mankos entdeckt; schon bei sieben bis neun Jahre alten Fahrzeugen fiel mehr als die Hälfte (52,8 %) durch Schäden auf. Aus Sicht des ACE sei es erschreckend, dass selbst bei fast noch neuen Autos, die nach drei Jahren erstmals zur HU müssten, 15,9 Prozent der Fahrzeuge ob ihres technischen Zustandes zu beanstanden seien. Bei jedem 20. Wagen dieser Altersklasse wurden erhebliche Mängel festgestellt.
Bilanz: Die Abwrackprämie für alte Autos hat die Mängelstatistik nicht sichtbar positiv beeinflusst, sodass der ACE schlussfolgert, dass viele der verschrotteten Autos dieses Schicksal eigentlich nicht verdient hatten. Gegenüber 2008 wurden 2009 insgesamt etwa 415.000 Fahrzeuge mehr zur Hauptuntersuchung vorgeführt, wenn auch knapp 60.000 weniger Pkws. Ein leichter Rückgang der Beanstandungen von 8,2 Prozent ist nur bei sieben- bis neun Jahre alten Fahrzeugen zu erkennen. Während die Zahl der Fahrzeuge mit geringen Mängeln um 5,1 Prozent zurückging, stieg die Anzahl derer mit erheblichen Mängeln um 2,5 Prozent an. (auto-reporter.net/sr)
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