Herr Theissen, zehn Rennen sind in der Tourenwagen-WM absolviert. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
BMW Motorsport Direktor Mario Theissen: "In Curitiba sind wir viel versprechend in die neue Saison gestartet und haben drei Podestplätze errungen. Allerdings deutete sich schon dort an, dass es uns die Konkurrenz in diesem Jahr nicht leicht machen würde. In Mexiko erlebten wir ein Wochenende zum Vergessen. Beim Europa-Auftakt in Valencia war bereits ein leichter Aufwärtstrend zu erkennen, der sich dann mit Siegen in Frankreich und Tschechien bestätigt hat. Allerdings stehen wir noch längst nicht dort, wo wir stehen wollen. In der Fahrerwertung liegt Andy Priaulx 24 Punkte hinter dem Führenden, bei den Herstellern sind wir Zweiter. Für uns ist klar: Das wird unsere schwerste Saison."
Worauf ist das aktuelle Kräfteverhältnis zurückzuführen?
Theissen: "Das Kräfteverhältnis hängt von verschiedenen Faktoren ab: natürlich von der Qualität von Teams und Fahrern, aber auch von der Performance des Basisfahrzeugs und der Regulierung durch die FIA. Grundsätzlich ist das Niveau in der WTCC deutlich gestiegen, alle Wettbewerber sind dichter zusammen gerückt, und wir erleben hart umkämpfte Rennen. Hinzu kam der Einsatz eines Turbo-Dieselmotors durch SEAT. In dieser Saison hat sich der Reglement-Vorteil des Turbo-Dieselmotors in den Resultaten niedergeschlagen. Ich hoffe deshalb, dass wir auch in diesem Jahr eine bis zum Finale spannende Meisterschaft erleben werden."
Die Drehzahl der Dieselmotoren wurde limitiert, alle BMW Fahrzeuge treten seit Pau mit 15 Kilogramm niedrigerem Basisgewicht an. Wie stark haben sich diese Massnahmen auf die Konkurrenzfähigkeit ausgewirkt?
Theissen: "Es war zweifelsohne schon schwierig, Front- und Heckantrieb in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft unter einen Hut zu bekommen. Nun kommen auch noch die unterschiedlichen Motorenkonzepte Turbo-Diesel und Benzin-Saugmotor dazu. Deren Einordnung hat in den letzten Monaten zu permanenten Diskussionen geführt. Die Ergebnisse des ersten Saisonabschnitts haben gezeigt, dass Turbo-Motoren im derzeitigen Reglement bevorzugt sind. Um die WTCC auch weiterhin für Fahrzeuge mit Benzin-Saugmotor offen zu halten, hat die FIA reagiert und unsere Autos wieder auf das um 15 Kilogramm geringere Basisgewicht von 2007 gesetzt. Aber natürlich wurde auch bei BMW Motorsport und in den Teams sehr intensiv gearbeitet, um den konzeptbedingten Wettbewerbsnachteil zu kompensieren."
Wird BMW noch in dieser Saison ein Fahrzeug mit Dieselmotor an den Start schicken?
Theissen: "Technisch sind wir dazu in der Lage. Der BMW 320d hat bei einem Test grosses Potential gezeigt. Allerdings stellt es für uns keine bevorzugte Option dar. Der Einsatz des BMW 320d würde die Weltmeisterschaft in eine Diesel-Serie umzufunktionieren, andere Wettbewerber wären zum Ausstieg gezwungen. BMW Privatteams auf der ganzen Welt schätzen, dass sie mit unseren Fahrzeugen sehr lange auf hohem Niveau um Siege kämpfen können. Unsere Entscheidung wird letztlich davon abhängen, wie das Reglement den Turbo-Dieselmotor in Zukunft einstuft."
Wie schätzen Sie die Chancen dafür ein, Fahrer- und Herstellertitel in diesem Jahr erneut verteidigen zu können?
Theissen: "Seit 2004 haben wir am Jahresende jedes Mal sowohl über den Gewinn des Fahrer- als auch des Markentitels jubeln dürfen. Daran anzuknüpfen, ist keine leichte Aufgabe.
Wird BMW auch 2009 in der Tourenwagen-WM antreten?
Theissen: "Fest steht, dass wir auch 2009 den BMW 320si in der WTCC sehen werden."
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