Schon als junger Mann sammelte er wahllos alles. Ein ganz bestimmtes Modell aber fehlte: die Reste eines Ferrari 375 Plus aus dem Jahr 1954, von dem damals nur fünf von Pininfarina entworfene Exemplare für die Sportwagen-Weltmeisterschaft exklusiv für Ferrari-Werksfahrer gebaut worden waren (V12-Triebwerk mit fünf Litern Hubrtaum, 242 kW/330 PS, Sieger der 24 Stunden von Le Mans und der Carrera Panamerikana 1954).
1958 hatte Karl Kleve dem Rennfahrer und Erben der Papiertücher-Dynastie Kleenex, Jim Kimberly, für 2500 Dollar die kläglichen, weil ausgebrannten Überreste eines solchen Modells abgekauft. 30 Jahre lang gammelte das Fahrgestell mit der Nummer 0384M auf einem Anhänger bei seinem neuen Besitzer vor sich hin, dann war es plötzlich weg. Karl Kleve meldete den Verlust bei der Polizei und gab an, der Schrotthaufen sei ihm irgendwann zwischen 1985 und 1989 abhandengekommen. Von nun an begann das Desaster. Wenig später tauchte das Ferrari-Fragment via Atlanta/USA und vielleicht auch Paraguay im belgischen Antwerpen auf, wo der Zoll es wegen der Diebstahlanzeige aus Cincinnati zunächst beschlagnahmte, 1990 aber wieder an L'Exception Automobile, einem belgischen Autohändler, freigab. Der hatte die Teile, wie der oberste Staatsanwalt in Brüssel urteilte, in gutem Glauben erworben und konnte frei darüber verfügen. Nun trat ein anderer Belgier, Jacques Swaters, ein Ferrari-Händler und ehemaliger Rennfahrer auf den Plan und kaufte die Reste für einen ungenannten Preis. 1999 lokalisierte Karl Kleve seinen ehemaligen Besitz mit Hilfe von Polizei und FBI bei Swaters. Er stattete einen Anwalt mit Vollmachten, einer Eigentumsurkunde und einem Pfandrecht aus und erreichte nach einigem Hin und Her, dass Swaters 625 000 Dollar an ihn überwies. Seine Tochter freilich schwor später Stein und Bein, dass ihr Vater das Geld niemals erhalten habe. Zehn Jahre später, Kleve und Swaters hatten inzwischen das Zeitliche gesegnet, reichte eine Tochter von Swaters Klage vor einem US-Gericht ein. Begründung: Kleve habe die Vereinbarungen des Kaufvertrags verletzt, weil er wichtige Einzelteile zurückbehalten habe. Dessen Tochter wiederum reichte umgehend Gegenklage wegen unbezahlter Rechnung ein. Außerdem erhoben plötzlich zwei weitere Kläger Besitzansprüche, einer aus Ohio, ein anderer ein US-Bürger aus der Schweiz.
2013 kam es schließlich zu einem Vergleich – alle Parteien einigten sich darauf, das Auto dem renommierten Auktionshaus Bonhams für eine Versteigerung anlässlich des britischen Goodwood Festival of Speed zu überlassen und sich danach die Beute zu teilen. Im gleichen Jahr hatte nämlich ein anderer Ferrari 375 Plus bei einer Auktion durch Sotheby's im kalifornischen Monterey sage und schreibe 9,1 Millionen Dollar (ca. 8,4 Millionen Euro) erzielt.
Der glückliche Gewinner des Rennens um den Wagen in Goodwood war schließlich Leslie Wexner. Doch sein Glück und die Freude über den Neuerwerb währten nicht lange. Wenig später verklagte Wexner das Auktionshaus, weil es versäumt habe, ihn über ungeklärte Eigentumsfragen zu informieren und forderte eine volle Rückerstattung seiner Millionen plus Schadenersatz. Bonhams seinerseits erhob Klage gegen Karl Kleves Tochter Kristine wegen angeblicher Verstöße beim Auftrag zur Versteigerung. Außerdem zerrten die Auktionatoren einen paraguayischen Autohändler wegen Betrugs vor den Kadi.
Sämtliche Klagen rund um den Roadster sind nach insgesamt 16 Jahren nun in London zusammengelegt worden, so dass ein Richter die Streitigkeiten ein für allemal regeln kann. Das Ende des Verfahrens in London findet inmitten einer Preisexplosion für ältere Ferrari-Modelle statt. 2014 wurde ein Ferrari GTO von 1962 mit der Chassisnummer 3851GT, ein Unfallwagen, für 38,1 Millionen US-Dollar (ca. 35,1 Millionen Euro) durch Bonhams versteigert und wurde dadurch zum bisher teuersten Auto aller Zeiten. (ampnet/hrr)
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