Beim Design tritt der F8 Spider in die Fußstapfen des atemberaubenden gezeichneten Pista. Vorn dominiert der so genannte S-Duct, die seitlichen Lufteinlässe sind ungemein schlank, die langen LED-Beleuchtungseinheiten verleihen der Front ein breites, aggressives Erscheinungsbild. Große Lufteinlässe führen der Maschine gewaltige Mengen an Kühlluft zu, die Seitenschweller verjüngen sich vor der Hinterachse.
Zum ersten Mal seit dem F430 kehren in dieser Klasse die doppelten Rückleuchten zurück; Fotoaufnahmen werden der Tiefe dieser LED-Leuchten nicht gerecht. Der untere Heckabschluss mit breitem Diffusor und zwei großen Auspuffrohren ähnelt dem Pista. Und es erschließen sich immer neue Designelemente: Die vordere Haube bedeckt einen Gepäckraum, der in Kohlefaser-Verbundstoff ausgekleidet ist, das Interieur wird von Leder und Kohlefaser dominiert, die Carbon-Rennsitze passen perfekt. Und obwohl der Spider etwas weniger Platz hat als der F8 Tributo, können auch größere Personen bequem sitzen. Das läßt sich beileibe nicht von jedem Mittelmotor-Sportwagen behaupten.
Das Raumgefühl profitiert von der extrem niedrigen und eleganten Mittelkonsole, die hervorragende Beinfreiheit gewährt und das Raumgefühl unterstützt. Dabei ist das Cockpit extrem fahrerorientiert: Alle wichtigen Bedienelemente befinden sich direkt am Lenkrad. Dazu gehören – durchaus gewöhnungsbedürftig – Anzeigen, Blinker, Fernlicht, Startknopf, Dämpfersteuerung, die Schalter zum Aktivieren von Sprachsteuerung, Telefon und Scheibenwischern sowie nicht zuletzt der berühmte Manettino, mit dem die Fahrprogramme ausgewählt werden: Wet, Sport, Race, Traktionskontrolle aus und Stabilitätskontrolle aus. Für den Beifahrer gibt es einen eigenen Bildschirm.
Wir fahren vom Stammsitz in Maranello los. Die stark von Lastwagen befahrene SP467 mit ihrem relativ schlechten Fahrbahnbelag ist nicht ideal für einen 720-PS-Supersportwagen, aber mit weicher Dämpfereinstellung kommt der F8 gut damit zurecht. Sobald es auf kleinen Straßen in die Hügellandschaft geht, kommt die brutale Kraft zur Geltung. Mit unerbittlicher Gewalt drückt die zwangsbeatmete Maschine den Fahrer in den Sitz, während er förmlich von Kurve zu Kurve fliegt.
Dabei ist die Geräuschkulisse nicht mehr ganz so dominant wie früher, was nicht zuletzt an der Turboaufladung und dem Otto-Partikelfilter liegt, mit dem die Emissionen in homöopathische Bereiche gedrückt werden. Und natürlich muß auch Ferrari den immer schärferen Lärmschutz-Vorschriften gerecht werden.
Die Balance und Linearität, mit der dieser Ferrari seine überragende Leistung auf die Straße bringt, ist bemerkenswert. Der F8 Spider läßt sich trotz seiner 720 PS problemlos in der Stadt und im dichten Verkehr bewegen. Doch sobald das perfekte Stück Straße auftaucht, findet eine blitzartige Transformation statt. Es können sich magische Momente einstellen, zu denen dieses Auto verhilft.
Auf dem zweiten Teil unserer Ausfahrt sind die Straßen gerade und viel glatter, aber der F8 ist so unglaublich schnell, dass es nicht einmal ansatzweise möglich ist, sein Potential auf öffentlichen Straßen auszuloten. Man muß sich mit diesem Cabrio auf eine Rennstrecke begeben, um den Grenzbereich zu erfahren.
Viel zu schnell geht der Tag vorbei. Gibt es etwas Schöneres als mit diesem Boliden durch die italienischen Hügel zu fahren, während der Wind durch die Haare rauscht? Man fährt ja nicht nur, sondern erlebt viel mehr: Den Restaurantbesitzer, der einen verpflichtet, im Parkverbot direkt vor seinem Gasthaus zu parken; die Kinder, die von Ohr zu Ohr lächeln, wenn sie das Auto sehen.
Ganz klar: Was die Italiener hier vorgelegt haben, kommt der automobilen Perfektion unglaublich nahe. Atemberaubendes Design, ein fahrerorientiertes Cockpit, Leistung im Überfluss für fast alle Situationen – außer vielleicht auf einem Hypercar-Trackday. Kritikpunkte? Na ja, er könnte noch etwas lauter sein.
Klagen auf höchstem Niveau... (ampnet/des/GTspirit.de)
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