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Oldtimer & Raritäten: Cord

Dienstag, 2. Juni 2015 Cord 812: Zum zweiten Mal Retter in der Not

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Cord 812 Supercharged Convertible Phaeton aus dem Jahr 1937.  Foto:Auto-Medienportal.Net/Leake Auction CampanyCord 812 Supercharged Convertible Phaeton aus dem Jahr 1937. Foto:Auto-Medienportal.Net/Leake Auction Campany

Dieses Auto bewahrte einst sein berühmtes Mutterunternehmen in den USA mitsamt seinem Markennamen vor dem sicheren Untergang. Das geschah vor genau 55 Jahren. Nun soll dasselbe Fahrzeug erneut den Retter in der Not spielen und das zum zweiten Mal im Lauf seines Lebens. Der Cord 812 Supercharged Convertible Phaeton aus dem Jahr 1937, ein in punkto Design, Leistung und Erscheinungsbild wahrhaft herrschaftliches Fahrzeug, stand zu seiner Zeit an der Spitze der Technik im Automobilbau: Kompressor, Frontantrieb, keine Trittbretter, Halbautomatik, versenkbare Scheinwerfer, Stromlinienform und ein Armaturenbrett im Flugzeug-Look. Auch sein Preis stellte die Konkurrenz in den Schatten.

Während damals durchschnittliche US-Autos mit 500 bis 1000 Dollar zu Buche schlugen, mussten Interessenten für ein 812 Cabrio mit Kompressor mehr als 4000 Dollar hinblättern. Kein Wunder, dass dieses Auto besonders in Hollywood Karriere machte.

 

So fuhr zum Beispiel Tom Mix, einer der ersten ganz großen Western-Stars, der zwischen 1915 und 1935 genau 341 Stumm- und sieben Tonfilme aus dem Cowboy-Milieu drehte, einen 1937er Cord 812 Phaeton - und fand darin den Tod. Am 12. Oktober 1940 geriet er in der Nähe von Phoenix/Arizona ins Schleudern, kam von der Straße ab und landete Kopfüber im Graben. Er soll dabei von einem im Wagen befindlichen schweren Metallkoffer erschlagen worden und sofort tot gewesen sein.

Glenn Pray, Jahrgang 1925 und seit 1952 Lehrer für Automobiltechnik an einer High School in Tulsa/Oklahoma, war wie Stars und Sternchen ebenfalls vom Cord-Bazillus befallen. Bereits als 15jähriger hatte er sein Herz an das Fahrzeug mit der bulligen Frontpartie verloren. Irgendwie muss er es später trotz seines eher geringeren Einkommens als Lehrer geschafft haben, sich einen 812er zuzulegen, den er selbst perfekt restaurierte und den Kenner danach als weltweit besten Cord aller Zeiten bezeichneten. 1960 packte Pray der Übermut: Als Fan der Marke durch und durch plante er, die Überbleibsel des inzwischen längst verblichenen Autounternehmens Auburn-Cord-Duesenberg zu übernehmen, und dazu brauchte er Geld.

Auburn-Cord-Duesenberg war 1929 entstanden, als ein Investor namens Errett Lobban Cord die ihm gehörenden Automobilfirmen Auburn Automobile Company und Duesenberg und seinen Motorenhersteller Lycoming zur neuen Marke Cord in seiner Holding zusammenfasste. Auburn war zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Frank und Morris Eckhart, den Söhnen eines deutschen Einwanderers gegründet worden, hatte aber aufgrund von Materialknappheit den Ersten Weltkrieg nicht überlebt. Auch das zehn Jahre später in Minnesota gegründete Unternehmen Duesenberg hatte deutsche Wurzeln:Als Cord 1926 deren florierende Firma übernahm, blieben die Brüder dem Unternehmen in leitenden Positionen erhalten. Die Marken Auburn, Cord und Duesenberg erfreuten sich jetzt besonders in Hollywood wachsender Beliebtheit.

Zehn Jahre später ereilte aber auch dieses Unternehmen die Pleite. Ein professioneller Aufkäufer maroder Firmen namens Dallas Winslow aus Detroit stieg ein, beschränkte sich aber auf den Verkauf von Ersatzteilen und die Restauration alter Modelle. Ihm kaufte Glenn Pray 1960 alles ab, was noch von Auburn, Cord und Duesenberg übrig geblieben war: In erster Linie über 320 Tonnen Ersatzteile sowie die Namensrechte. Weil die finanzielle Hilfe eines befreundeten Geschäftsmanns nicht ausreichte, musste er seinen ganzen Stolz, den 1937er Cord 812 Supercharged Convertible Phaeton an Jimmy Leake, den Besitzer einer lokalen Fernsehstation in Tulsa, für 8000 Dollar verkaufen, den angeblich höchsten Preis der bis dahin für ein solches Auto gezahlt worden war. Lange behielt Leake den Wagen nicht - bereits zwei Jahre später verkaufte er ihn weiter.

Pray bemühte sich erfolgreich, sein neues Unternehmen ins Laufen zu bringen. Dazu beschränkte er sich nicht nur auf den Verkauf von Ersatzteilen und die Überholung von Oldtimern. Mit moderner Technik und neuen Motoren, zumeist von Ford, stellte er Replikas von Auburn-Modellen aus den späten 1930er Jahren her, für die er bis zu 30 000 Dollar verlangte. Wo sein geliebter 1937er Cord geblieben war, hätte er zwar gerne gewusst, sollte es aber nie erfahren, da er 2011 starb. Sein Sohn Doug wurde danach Chef des Unternehmens.

Vor einigen Wochen erhielt Doug einen Anruf aus Michigan. Ein Mann am anderen Ende der Leitung teilte ihm mit, dass in einer Ecke völlig verdreckt und seit 45 Jahren unberührt ein uralter Cord herumstand. Denn nach intensiven Fragen und dem Vergleich entscheidender Zahlen für Fahrgestell und Motor war Doug zur Überzeugung gekommen, dass es sich um den Wagen seines Vaters handelte, den er einst als Kind nur mit sauberen Schuhen hatte besteigen dürfen. Laut Familienbeschluss muss er den Wagen erneut verkaufen und das Geld ins Unternehmen stecken, das dringend finanzielle Hilfe braucht. (ampnet/hrr)

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