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Mittwoch, 21. Oktober 2015 Nissan GT-R: 100 Oktan für Godzilla

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Nissan GT-R.  Foto:Auto-Medienportal.Net/BusseNissan GT-R. Foto:Auto-Medienportal.Net/Busse

Zweimal in den vergangegen Jahrzehnten sorgten japanische Automobile in der PS-Gemeinde weltweit für Aufsehen: 1991, als Mazda die 24 Stunden von Le Mans gewann und 2009, als der Nissan GT-R im Vergleichstest den Porsche 911 Turbo abhängte. Höchste Zeit also, einmal näher mit „Godzilla“ zu beschäftigen.

Seit dem fulminanten Auftritt gegen den bis dahin unumstrittenen Zeremonienmeister des PS-Kults hat der GT-R diverse Überarbeitungen erfahren und Rundenzeiten auf der Nordschleife verbessert. Feinschliff an Aerodynamik, am Innenkomfort sowie dem Fahrwerk machen ihn aus Sicht des Herstellers zum besten GT-R, den es je gab. Gegenwärtig ist er in vier Varianten zu haben, wovon drei Versionen wie der Testwagen über 550 PS verfügen. Zubereitet werden sie in einem 3,8-Liter-V6-Leichtmetallmotor, dem zwei Turbolader ordentlich Druck machen. Das spüren die Insassen nicht nur im Kreuz, sondern auch in den Ohren, denn die Schaufelräder machen durch prägnantes Pfeifen auf sich aufmerksam.

 

Nissans Beitrag zur Welt der Supersportwagen ist hierzulande ein absoluter Exot. Die meisten werden das Auto wohl aus „The Fast and the Furious“ gekannt haben.

Ein Fall für hundert Oktan

Porsche und die schnellen Azzuri sind preislich ebenso enteilt wie Aston Martin oder Bentley.Nicht knausern sollte man auf jeden Fall beim Sprit. Der Hersteller empfiehlt 100 Oktan für Godzilla.

Die massige Optik des Nissans täuscht: Die 1760 Kilogramm, mit denen der Testwagen auf die Waage rollte, sind ein guter Wert, das Leistungsgewicht beträgt damit 3,2 kg/PS. Besser wird der Wert sogar noch, wenn man den entwicklungstechnischen Kontext betrachtet. Bei Konzipierung des Wagens wusste man längst noch nicht so viel über Leichtbau, hochfeste Stähle, Verbundmaterialien und Sandwich-Verfahren wie heute.

Die Spielkonsolen-Architektur im Cockpit kommt nicht von ungefähr. Es gibt gute Gründe, das Informationsangebot für übertrieben zu halten, aber wer Autofahren unter Entertainment-Gesichtspunkten begreift, wird hier seine Freude haben. Getriebe- und Motoröl, Ladedruck, Querkräfte, Drehmomentverteilung im Allradsystem – alles ist abruf- und im Monitor individuell konfigurierbar.

Nur nach vorn schauen

Für ein Sportcoupé dieses Zuschnitts bietet der GT-R erstaunlich viel Kofferraum: 315 Liter. Und da in den hinteren Sitzmulden besser niemand kauern sollte, ist sogar noch mehr Platz zum Verstauen von Gepäck nutzbar. Die Notwendigkeit für den wuchtigen Spoiler auf dem Heckdeckel ergibt sich aus dem erforderlichen Anpressdruck, den man in Tempobereichen jenseits 250 km/h haben sollte. Dass der Flügel die ohnehin dürftige Sicht nach hinten zusätzlich einschränkt, hat man bei Nissan bemerkt und spendiert serienmäßig eine Rückfahrkamera.

Gelegenheiten, solches Tempo zu erzielen, sind selbst auf deutschen Autobahnen rar. Deshalb lässt sich an dieser Stelle nur sagen, dass der Wagen bei Tachoanzeige „300“ keine Anzeichen gab, ihm werde in Kürze die Puste ausgehen. Das Hämmern des Sechszylinders ist in dieser Situation erstaunlicher Weise nicht auf Nerv-Niveau, der rote Bereich des Drehzahlmessers noch gut 500 Touren entfernt. Was die vier jeweils 13,5 Zentimeter Durchmesser großen Endrohre jetzt an verbrannten Gemisch in die Natur entlassen, möchte man besser gar nicht wissen. Der Testverbrauch von 12,8 Litern je 100 Kilometer im Schnitt belegt aber, dass man den GT-R auch zurückhaltend fahren kann. Bei anderen Tests kamen auch schon mal 15 Liter und mehr heraus. Hart, aber herzlich ist der Langstreckenkomfort. Das wenige Gummi auf den 20-Zöllern macht das nicht besser, aber die Leder-Sitzschalen sind bequem genug, längere Autobahnpassagen nicht zur Tortur werden zu lassen.

Hinterm Steuer ist schon nach wenigen, straff gefahrenen Kilometern einzusehen, dass physikalische Grenzen nicht absolut, sondern relativ sind. Es ist relativ einfach, einen Kompaktwagen auf dem Wedelkurs zu Haftungsproblemen zu verleiten, aber es ist relativ schwierig, einen GT-R an den Rand des Kontrollverlusts zu treiben. Lenkpräzision, Spurtreue, der phänomenale Grip – es braucht keine Rennfahrer-Ausbildung, dies zu genießen.

Im niederen Tempobereich unterhält der Wagen die Insassen mit einem verblüffenden akustischen Repertoire. Doch dem Mahlen und Rumoren, dem Schaben, Knirschen und Rasseln sollte man nicht all zu viel Aufmerksamkeit schenken. Ein Rennwagen für die Straße darf auch mal etwas unzivilisiert klingen, Angeblich soll ihn sein brachiales Spurtvermögen in unter drei Sekunden von null auf Hundert katapultieren, Belege aus neutralen Tests dafür fehlen. Aber statt sich auf statistische Fingerübungen einzulassen, genießt man lieber die archaische Eruptivität, mit der längs- und querdynamische Kapriolen die Adrenalinausschüttung anregen.


Fazit: Ein supersportliches Coupé für einen vergleichsweise günstigen Preis – Punkt. Das ist der GT-R zu allererst. ampnet

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