Albrecht Graf Goertz war am 12. Januar 1914 in Brunkensen als zweiter Sohn eines alten deutschen Adelsgeschlechts geboren worden. 1933 begann er eine Ausbildung bei der Deutschen Bank in Hamburg. Nach eineinhalb Jahren wechselte er zu der Londoner Privatbank Helbert Wagg & Company. 1935 beschloss Goertz, seiner Heimat den Rücken zu kehren. Er beantragte ein Einreisevisum in die USA und verliess Europa im Herbst 1936. Drei Jahre später kam sein erstes eigenes Auto auf die Strasse. Nach seinem Entwurf entstand ein Einzelstück auf Basis eines Ford Mercury, der schwungvolle "Paragon". Das zweitürige Coupé mit verkleideten Hinterrädern und eigenwilligen hinteren Seitenfenstern war 1939 für einige Wochen auf der Weltausstellung in San Francisco zu sehen. 1940 wurde Goertz in die US Army einberufen und leistete fünf Jahre lang seinen Dienst an der pazifischen Front. Nach seiner Rückkehr ins zivile Leben 1945 lernte er Raymond Loewy kennen. Loewy war zu dieser Zeit der herausragende Vertreter des Industriedesigns und verhalf Goertz zu einem Studium am Pratt Institute in Brooklyn. Anschliessend stellte er ihn als Junior Designer in seiner Studebaker-Entwicklungsabteilung ein, wo Goertz zusammen mit einem Kollegen das erfolgreiche Facelift des Studebaker Champion entwirft - die so genannte "Bullet Nose". Nach zweieinhalb Jahren trennten sich die Wege von Goertz und Loewy. Goertz eröffnete 1953 sein eigenes Design-Studio: Goertz Industrial Design, Inc. New York. Den Weg zu BMW ebnete ihm Max Hoffmann. Der gebürtige Österreicher und grösste Autohändler in New York galt in den 1950er Jahren als der bedeutendste Importeur für europäische Luxusfahrzeuge in Übersee und vertrieb Prestigemarken wie Mercedes, Porsche und BMW. Sein Einfluss war so gross, dass die Werke ihm frühzeitig Einblick in ihre Planungen gewährten. Dementsprechend bat auch BMW um Begutachtung seines Sportwagenprojekts, eines Roadsters mit V8-Motor. Die ersten Entwürfe gefielen Hoffmann jedoch nicht. Er gab dem jungen Designer Goertz den Tipp, einige Skizzen für einen Sportwagen anzufertigen und nach München zu schicken. Die Entwürfe fanden dort spontan Anklang, und zwei Wochen später erhielt er von BMW eine Einladung nach München. Im Januar 1955 wurden die Verträge geschlossen. Als technische Basis für den Sportwagen diente das um 35,5 Zentimeter verkürzte Chassis des BMW 502. Parallel zu diesem Zweisitzer entwickelte er das Modell 503. In weniger als einem Jahr entstand so das Coupè und Cabrio BMW 503 und der Roadster 507. Auf der Automobilausstellung in Frankfurt wird der BMW 507 als "Traum von der Isar" gefeiert. Für den Schöpfer der legendären Luxuskarossen bedeuten die Entwürfe den internationalen Durchbruch. Goertz wurde mit Bertone, Pinin Farina und anderen Designern von Weltrang verglichen. "Wenn ich jemand mit einem Auto emotional ansprechen kann, gelingt mir das auch mit einem anderen Produkt", ist Goertz überzeugt. Und sein Erfolg gibt ihm Recht. Auftraggeber aus allen Branchen engagieren den Designer. Hier einige Beispiele für Goertz-Design: BMW 503 und BMW 507; Agfa Fotoapparat; Kienzle Tischuhr; Rowenta Bügeleisen, Feuerzeuge, Kaffeemaschine, Toaster u. a.; Mont Blanc Füllfederhalter, Kugelschreiber, Disc Pen; Custom Craft-Fiberglas Sportboot; Polaroid Kamera; Saba- Radios, Fernsehgeräte u. a.; Datsun 240Z; Fuji Filmkamera, Filmprojektor; Puma Sportbekleidung und Accessoires.
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