Eine Chance bekommen allenfalls noch Ausstellungen, bei denen der Besucher seine Träume zur Realität werden lassen und das Objekt seiner Begierde oftmals zu günstigen Preisen erwerben kann. Auch die International Auto Show in New York gehört dazu. Die Veranstaltung, sie öffnet in diesem Jahr fürs Publikum vom 19. bis 28. April, und hat 2018 sage und schreibe 1,8 Millionen Besucher angelockt. Zwar glänzen heuer auch hier wichtige Hersteller wie BMW und Volvo mit No Shows, dafür sind andere Marken mit spannenden Neuheiten umso präsenter.
Allen voran Mercedes-Benz, die das New Yorker Parkett im John Javits Center nahe dem Hudson River für einen fulminanten Auftritt und eine umfassende Neuheiten-Schau nutzen. Das auf XXL-Format gewachsene SUV GLS rückt mit all seinen Assistenzsystemen und seiner hochwertigen Ausstattung der S-Klasse noch näher. Der EQC zeigt die elektrische SUV-Zukunft und das GLC Coupé die wohl bizarrste Spielart dieser Fahrzeuggattung. Auch Toyota präsentiert mit dem Camry Hybrid eine Premiere, der neue Subaru Outback ist ebenfalls ein für Deutschland relevantes Auto. Und dann wäre da noch der Porsche 911 Speedster, der seinen ersten Auftritt in New York feiert, die anderen Debütanten wie der Pickup Nissan Titan oder Toyota Highlander haben dagegen keine Chancen, dereinst offiziell europäischen Boden zu betreten.
Das gilt ähnlich für des Amerikaners Liebling, den Pickup. Im Jahreszyklus werden die Modelle, von denen fast jeder nichtdeutsche Anbieter mindestens einen in den Vereinigten Staaten anbietet, mehr oder weniger umfangreich erneuert. Die Marktführer heißen Ford F150 und Chevrolet Silverado und verkaufen sich besser als jede Limousine der Marken. Gegen die Titanen des Mittleren Westens nehmen sich die Europäer wie Mercedes X-Klasse und VW Amarok winzig aus. Und sind deshalb in Amerika gar nicht erst am Start.
Trotz der vergleichsweise großen Zahl der Premieren in New York und den zu erwartenden hohen Besucherzahlen stellt sich die Frage, ob diese Art der Fahrzeugpräsentation Bestand haben wird. Denn durch ultraschnelle Berichterstattung per Internet und Socialmedia ist das Neuheiten-Feuerwerk schneller abgebrannt, als den Ausstellern lieb ist. Kurz vor der Eröffnung wird aus allen Rohren geschossen, schon am zweiten Publikumstag ist die Messe gelesen. Und ein Auftritt bei einer solchen gehört bei den Herstellern zu den dicksten Brocken in den Jahresbudgets der Marketingkommunikations- und Marketingabteilungen. Manch einer denkt mehr als laut darüber nach, die finanziellen Mittel zielgenauer und effizienter einzusetzen.
Wir würden das begrüßen. Denn mit der Zeit haben die Schautänze von Geschäftsführern und Vorständen den viel zu sehr geneigten Medienvertretern ihre Sicht der Dinge darzulegen, bizarre Formen angenommen und erinnern, wie jüngst das TV-Interview von VW-Chef Diess in Schanghai, an eine Pressekonferenz des amerikanischen Präsidenten. Mehr noch fürchten viele Fachbesucher mittlerweile das Verkehrschaos in den Messestädten. Ob Genf, Paris oder New York, für Anwohner und Pendler, also für ganz normale Autofahrer, droht immer Ungemach. Selbst Frankfurt mit seiner vergleichsweise guten Verkehrswege-Infrastruktur wird von Kundigen zu Zeiten der IAA gerne gemieden.
Vielleicht ist der Vertriebsweg, der VW-Vorstand Jürgen Stackmann vorschwebt, im Zuge wachsender Stauverdrossenheit und Neigung zur Selbstdarstellung doch kein falscher. Ihm möchte die Kunden zusätzlich zum Händlerkontakt direkt betreuen und zumindest digital über das Produkt und Dienstleistungen informieren. Das würde eine ganze Reihe von Wegen überflüssig machen, wenngleich das reale Empfinden beim Betrachten eines realen Autos, das Berühren von Chrom, Aluminium und Edelstahl, das Einatmen des Geruchs von Holz und Leder, dadurch wahrscheinlich nicht ersetzt werden kann. Oder will das der Autokäufer 4.0 gar nicht mehr erleben? (ampnet/mk)
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