Und da wird heuer im Convention Center von Los Angeles einiges geboten. Beispielsweise die Neuauflage des Porsche 911: Die schwäbische Sportwagen-Ikone geht in die nächste Modellgeneration, mit noch mehr Leistung und einem Interieur, das stilistische Anleihen an frühe Elfer-Generationen nimmt.
Volkswagen zeigt zwar die elektrische Nutzfahrzeug-Studie ID Buzz Cargo, von der im September auf der Nutzfahrzeug-IAA wenig Notiz genommen wurde, gesprochen wird aber vielmehr über den Abschied vom VW Beetle, der in einer „Final Edition“ präsentiert wird. Die Elektro-Offensive von VW, die in Europa im kommenden Jahr mit dem ID Neo beginnt, startet in den USA mit einem Zeitversatz von mindestens einem Jahr.
Daimler widmet sich vollständig dem Powerplay und zeigt das zweite Facelift des Supersportwagens AMG GT, der technisch und stilistisch nachgeschärft wird. Die neue Spitzenversion AMG GT R Pro ist nahe an den Rennsport gerückt. BMW wiederum konzentriert sich auf die US-Premiere bereits bekannter Modelle wie Z4, X7 oder 8er und zeigt die etwas konfus wirkende, mit groben Strichen gezeichnete Studie eines autonomen Elektroautos, die auf den Namen i-Next hört.
Bei BMW wurden übrigens neidvolle Blicke auf die Studie Audi e-Tron GT gerichtet, die sich eng an einem kommenden Serienmodell orientiert.
Doch es gibt natürlich auch noch den unvermeidlichen Start-up: Eine Marke namens Rivian zeigt einen Pick-up und ein kastenförmiges SUV, die angeblich serienreif sind; sie sollen ab 2020 in einem stillgelegten Werk des verflossenen Joint Ventures Diamond Star Motors gebaut werden. Rivian verspricht Fahrleistungen auf Supersportwagen-Niveau und autonome Fahrfunktionen der Extraklasse. Das alles gibt es zum Sondertarif: Nur rund 60 000 Euro soll der Pick-up kosten, der SUV beginnt wenige 1000 Euro darüber. Nachdem bereits reichlich Subventionen geflossen sind, nimmt man ab sofort auch Kundenanzahlungen gerne entgegen.
Es bleibt abzuwarten, ob Rivian ein besseres Schicksal zuteil wird als der Firma Faraday Future: Der mit viel Vorschusslorbeeren bedachte sino-amerikanische Start-up, zuhause im Großraum Los Angeles, dürfte in unmittelbarer Zukunft die Türen schließen. Bei Tesla gibt es hingegen keine neuen Modelle zu sehen.
Wenn schon futuristisch, dann richtig – wie beim Designbüro Icona, das sich eine bemerkenswerte Nische als Dienstleister für chinesische und internationale Kunden erarbeitet hat und jetzt in Kalifornien Kapazität aufbaut. Firmengründer Teresio Gigi Gaudio, früher CEO von Aprilia und Stile Bertone, ist persönlich vor Ort; die Icona-Studie Nucleus gibt einen Ausblick auf autonome Fahrerlebnisse der gehobenen Art.
Die Big Three gehen hingegen auf Nummer sicher: Fiat Chrysler zeigt den Gladiator, eine ausladend dimensionierte, viertürige Pick-up-Version des Geländewagens Wrangler, während bei Lincoln ein schöner und opulent ausgestatteter SUV namens Aviator den Stand ziert.
GM verzichtet auf bedeutende Premieren; Gesprächsthema ist dort vor allem, wohin sich die noch vor wenigen Monaten so hoffnungsvolle Marke Cadillac entwickelt.
Spannende Neuigkeiten gibt es hingegen von den asiatischen Herstellern: Mazda zeigt seinen bulligen neuen 3er, es gibt einen scharf gezeichneten neuen Kia Soul (in Europa leider nur für die Elektro-Nische), und Hyundai zeigt ein großes SUV namens Palisade, das von einem standesgemäßen 3,8-Liter-V6 angetrieben wird.
Wer sich auf den Straßen und Freeways von Los Angeles umsieht, wundert sich übrigens, wie wenige Elektroautos unterwegs sind. Ein anderes Modell sticht deutlich ins Auge: An jeder Ecke sind neue Dodge Challenger zu sehen. Das amerikanische Muscle-Car par excellence, das es nur mit V6- und V8-Motoren gibt, wird den kalifornischen Händlern offenbar aus den Händen gerissen.
Und so gesehen ist die diesjährige Los Angeles Auto Show nicht als Respektlosigkeit, sondern eher als Verneigung vor der Kundschaft – und der Realität – zu werten. (ampnet/jm)
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