Dienstag, 13. Januar 2009 Detroit 2009 - we go elektrisch
Dodge Circuit EV. Foto: UnitedPictures
Die grossen Drei hatten die gleiche Idee: die Elektromobilität. Bob Nardelli, der Chef von Chrysler, sagt ganz klar in einem Gespräch mit Journalisten, was er als Kern einer amerikanischen Strategie sieht: den Plug in-Hybrid, also das Hybridfahrzeug, dessen Batterie man zu Hause aus der Steckdose aufladen und lange aus der Batterie mit Strom versorgen kann, bevor der Benzinmotor einspringen muss. Hier – so Nardelli – sei die US-Automobilindustrie führend. Diesen Vorsprung durch Technik müsse man nun ausnützen. Deutsche wie Japaner wird diese Äusserung zum Schmunzeln bringen. Doch die drei sind sich einig: Elektrischer Antrieb ist die Zukunft, sei es nun als Hybrid, Plug in-Hybrid, batterieelektrisches Auto oder eines, das seinen Strom aus der Brennstoffzelle bezieht.
|
Dieser Aussage werden auch die Deutschen und die Japaner nicht widersprechen. Sie zeigen jedenfalls auch in Detroit, dass sie bei diesem Thema nicht gerade geschlafen haben. Doch bei den Amerikanern klingt das anders. Da weist Chrysler darauf hin, dass man der grösste Hersteller von Elektroantrieben in den USA sei. Da zeigen sich Ford und GM als desselben Geistes Kinder und kündigen gleich ganze Typenfamilien von Elektrofahrzeugen an, die schon morgen von der Prototypenfertigung in die Grossserienfertigung übergehen werden. Ehrlich! Soviel Eifer hat auch etwas Rührendes und erinnert stark an das Pfeifen im dunklen Keller. Aber es findet eben seine Begründung in dem Druck der Politik, der bei den alternativen Antrieben gleich doppelt daherkommt. Denn im Herbst hatte die Regierung schon einmal ein 25-Milliarden-Dollar-Programm für den Antrieb der Zukunft aufgelegt. Die wollen etwas sehen für ihr Geld. Und im März muss die Strategie überzeugen. Unter diesem Druck kommen dann so sinnlose Fahrzeuge heraus wie ein Jeep, der im Gelände kläglich versagen würde, weil sein Elektromotor nur die Vorderachse antreibt. Später will man dann einen Allradantrieb mit Radnabenmotoren nachreichen. Offenbar hatte man bei Chrysler an alle Marken die Devise ausgegeben: Macht doch mal was Elektrisches. Dann kommt Dodge eben mit einem Sportcoupé, Chrysler mit einer elektrifizierten Familienkutsche und Jeep mit einem Gelämdewagen. Mal ernsthaft: Natürlich haben auch die amerikanischen Ingenieure Konzepte auf die Beine gestellt, die sicher eine Zukunft haben werden. An dieser Stelle sei als Beispiel der Volt von General Motors genannt, den wir vermutlich ab 2011 auch auf deutschen Strassen erleben werden. Was der aktuellen US-Diskussion ums Elektroauto die Ernsthaftigkeit nimmt, ist die Hektik, mit der nun Studien auf Studien folgen, am besten im Dutzend. Zudem irritiert, dass niemand in Detroit die Frage stellt, wo denn der Strom herkommt. Hier hat man zwar Kernkraftwerke, aber eben auch in unschöner Regelmässigkeit ein zusammenbrechendes Stromnetz. Wer in den USA fernsieht oder Zeitung liest, findet diese Fragestellung ebenfalls nicht. Dafür erlebt er ein grosses Aufatmen: Die Nation ist gerettet; we go elektrisch. Die Journalisten, die sich für die Auto-Show aus den 50 US-Staaten nach Detroit begeben haben, sehen das offenbar nicht ganz so. Zwar applaudieren sie Allan Mullaly bei der Ford-Pressekonferenz, weil er dem Unternehmen das Bewusstsein gegeben hat, es aus eigener Kraft schaffen zu können, was man angesichts der Fülle neuer und überwiegend zeitgerechter Produkte gern glauben will. Doch sie alle interessieren sich mehr für das ganz normale Auto. Man trifft sie eben nicht bei Ford, Lincoln, GMC, Chevrolet, Saab, Dodge, Jeep oder den vielen amerikanischen Marken, die unter dem Dach der grossen Drei arbeiten. Die Journalisten tummeln sich bei den Europäern. Das liegt sicher nicht nur am sparsamen Messebau der amerikanischen Hersteller, auf den man sich angesichts schwerer Zeiten wieder zurückgezogen hat. Aber immerhin war dieses Mal überall das Licht an und das Personal auf den Ständen war auf dem Posten, anders als im November in Los Angeles. Es sind die Produkte, die locken. Sie sind so attraktiv, dass heute schon mehr als jeder zehnte Personenwagen in den USA aus Europa stammt. Doch trotz der Konzentration auf die Europäer waren deren Stände bestenfalls zu den üblichen Pressekonferenzen überfüllt. Detroit hat dieses Jahr erheblich weniger Vertreter nationaler und internationaler Medien angelockt als in den Jahren davor. Die Messe selbst hatte viel weniger Premieren zu bieten als sonst, und die Messegesellschaft hätte sicher gern noch fünf oder sechs Hersteller mehr in der Cobo Hall untergebracht. Mit der NAIAS 2009 haben die Amerikaner jetzt den ersten Meilenstein auf dem Weg zum 31. März und der Schicksalsentscheidung hinter sich. Die Begeisterung für den Elektroantrieb könnte schon morgen zur Illusion werden. (ar)
|