Mit der Zurückhaltung bei der Kommunikation der Botschaft vom Verzichts auf dieses asiatische Schaufenster wollten die Hersteller offensichtlich Retourkutschen für die IAA im September in Frankfurt aus dem Wege gehen, so der Schuldzuweisung entgehen und einen Handelskrieg der besonderen Art vermeiden. Doch inzwischen haben sich Nissan, Mitsubishi und Toyota-Tochter Daihatsu bei der Frankfurter Messe abgemeldet. Nun können wir davon ausgehen, dass ausserdem nicht nur ein paar Zulieferer, sondern auch einige weitere Hersteller die IAA meiden werden. BMW und Mercedes-Benz nennen die Kosten als Begründung für den Schritt, die wichtigste Messe in Japan nicht zu beschicken. Dabei haben gerade sie in Japan recht gute Geschäfte getätigt, nicht mit ihren Grossserienfahrzeugen, aber mit den Grossen, die auch ein grosses Ergebnis einfahren. Gerade den beiden Premiumherstellern könnte man diese Entscheidung als Armutszeugnis auslegen. In der Tat sind die Zahlen der beiden nicht eben gut, aber sprach man früher nicht immer vom antizyklischen Verhalten? Hatte man nicht auch seit Beginn der Krise betont, man wolle gestärkt daraus hervorgehen? Wie soll das funktionieren, wenn die Arbeit an der Marke in den Märkten ruht? Für Tokio ist diese Fragestellung schon nicht mehr von Belang. Denn außer den deutschen Herstellern haben auch General Motors, Ford und Chrysler ihren Auftritt in Tokio abgesagt, ebenso der PSA-Konzern aus Frankreich, die Fiat-Gruppe sowie die europäischen Töchter von Ford und GM, nämlich Volvo und Saab sowie die zum Inder Tata gehörenden Marken Jaguar und Land Rover. Andere werden nun diesen Beispielen folgen Tokio, ade! Jetzt verderben die Europäer – und allen voran die deutschen Hersteller – den Japanern ihren grossen Auftritt in der japanischen Hauptstadt und degradieren die einst als strategisch angesehene Messe zu einem übergrossen Schaufenster für Produkte aus dem eigen Land und angrenzenden Regionen. Das wird nicht ohne weitere Folgen für die Messen in Frankfurt, Paris, Genf und Detroit abgehen. Auch die Messen kommen um einen Strukturwandel nicht länger herum. Sie kommen alle auf den Prüfstand und müssen sich Fragen nach dem Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis gefallen lassen. Barcelona und jetzt auch London haben sich zumindest dieses Jahr erst einmal selbst aus dem Terminplan gestrichen. Wer wird bleiben? Vermutlich werden viele klassische Messen aus dem Marketingmix der Unternehmen verschwinden, manche sogar für immer, wenn es ihnen nicht gelingt, Konzepte zu entwickeln, die entweder Massen von Kaufinteressenten oder gezielt Fachpublikum auf die Beine bringen. Wahrscheinlicher aber ist, dass sich die Unternehmen auf einen anderen Mix der Medien konzentrieren werden. Dabei liegt das Internet besser im Rennen als jede Messe. (ar/Peter Schwerdtmann)
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