Mittwoch, 22. April 2009 Shanghai 2009: Der Drang zum Auto ist ungebrochen
Der Porsche Panamera wird von Journalisten überrannt. Foto: UnitedPictures
Der Andrang ist ungebrochen. Die Vorfreude kann man den Menschen vom Gesicht ablesen, wenn sie die Auto Shanghai 2009 stürmen. Und selbst auf den Gesichtern der Aussteller lässt sich ein Lächeln ablesen, zufriedener als das, was man sonst von den Messe-Profis in den vergangenen Monaten zu sehen bekommen hat. Immerhin zeigt der chinesische Markt Zuwachsraten, wenn auch nur einstellige. Aber das ist eine Menge, gemessen an dem, was Aussteller jüngst sonst so erlebt haben. Die chinesischen Medien - jedenfalls die, die man als halbgebildeter Mitteleuropäer lesen kann - sind sich alle sicher: Nirgendwo sei der Drang zum Auto grösser als in China. China Daily jubiliert sogar, dieses Jahr könnten in China erstmals mehr als zehn Millionen Autos zulassen, mehr als in den USA.
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Anders als in den USA, wo bei den Messen in Los Angeles, Detroit und New York die Stände der amerikanischen Anbieter leer blieben und dafür die der Europäer überliefen, gilt das Interesse hier auch den Fahrzeugen heimischer Produktion. Die Chinesen schließen mehr und mehr die Lücken in ihrem Programm, und die Großen bauen auch gleich Mehr-Marken-Konzepte auf. Geely hat drei neue Marken aus der Taufe gehoben: Gleagle, Emgrand und Shanghai Englon und gleichzeitig für alle drei insgesamt 22 neue Modelle angekündigt. Chery hat ebenfalls drei Marken zusätzlich aufgenommen: Riich, Rely, Karry.
Doch hat es den Anschein, als rolle die "gelbe Gefahr" nicht so schnell über Europa hinweg, wie noch vor Jahresfrist angenommen. Damals fürchte man allgemein, sie würden den europäischen Markt schneller mit Billigprodukten überschwemmen als einst die Koreaner. Eher verstärkt sich heute der Eindruck, dass die anderen chinesischen Hersteller erst einmal abwarten, wie sich Kollege Brilliance in Europa schlägt.
Warum auch sollten die Chinesen ausgerechnet jetzt Europa im Visier haben. Dort gestaltet sich der Markt zur Zeit nun wirklich schwierig. Der Aufbau einer neuen Marke wird dadurch nicht leichter. Und außerdem haben die Europäer hohe Ansprüche an die Sicherheit, nicht nur an den Preis. Man kann auch ohne ESP und ohne EuroNCap-Chrashtests in den Schwellenländern mit ihren teilweise schon wieder wachsenden Märkten gut leben, viel besser jedenfalls als in Europa.
Andersherum haben sich gerade die deutschen Hersteller in China gut eingelebt. Volkswage zeigt hier seit fast vier Jahrzehnten Flagge, entwickelt und produziert im Land und hat die Zwei-Millionen-Stück-Grenze vor Augen. Wer sich über die Straßen von Shanghai bewegt, begegnet dem VW-Logo nicht nur an den zahlreichen Santana-Taxen. Jetzt verspricht man sich viel vom neuen Golf, den man bald ebenfalls in China produzieren will, und verweist auf Neuheiten wie den Passat Lingyu, der seinem Vorbild nicht wie aus dem Gesicht geschnitten gleicht, sondern eigene Züge trägt, die übrigens auch in Europa gefallen würden.
Mercedes-Benz legte die Weltpremiere des S 400 Hybrid nach China, was man ebenfalls als ein Kompliment an das Reich der Mitte sehen kann, auch wenn offensichtlich die AMG-Varianten hier die größere Rolle für die Stuttgarter zu spielen scheinen. BMW bringt auch eine Weltpremiere nach Shanghai, noch ein Performance-Auto – den BMW X5 M. Audi ergänzt mit der Weltpremiere des überarbeiteten Q7 die Reihe der Weltpremieren von deutschen Premium-Produkten mit ordentlich Power unter der Haube, wobei Audi allerdings gesteigerten Wert auf die sparsamer und umweltverträglicher gewordenen Diesel-Varianten des Q7 legt.
Aber nicht nur bei diesen Premieren der Großen war der Andrang groß. Auch die Kleinen, wie der Mini und besonders der Smart – hier als City-Auto angeboten – konnten sich über mangelndes Interesse nicht beklagen. Ähnliches gilt auch für die Stände von Peugeot und Citroen.
Den Vogel – im positiven Sinne gemessen am Andrang bei der Pressekonferenz – schoss allerdings Porsche ab. Die drei vorgestellten Varianten Panamera, Panamera S und Panamera Turbo wurden von Fotografen und Kameraleuten bedrängt als seien es Popstars, die ihr Gesicht nur minutenlang in die Kamera zu halten pflegen. Die Porsche Panamera standen, und dennoch bekam man sie nicht zu sehen, wenn man nicht bereit war, Ellenbogen einsetzte.
So gesehen war die Weltpremiere des Panamera sicher gelungen, auch wenn die Europäer – dabei speziell die Deutschen – und die Amerikaner es sicherlich bedauerten, dass die Premiere im tiefen Asien stattfand. Immerhin wurde der Erstauftritt geadelt durch die Anwesenheit des Porsche-Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Porsche.
Wendelin Wiedeking, der Porsche-Chef, allerdings fehlte. Kommentar am Rande der Pressepräsentation: Der hat zuhause genug mit den Banken zu tun. (ar)
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