Dienstag, 1. Juni 2021 Frischer Wind aus der Formel 1 für die Alpine A110
F1 & Alpine A110
Die Aerodynamik spielt bei der Entwicklung eines Sportwagens wie der Alpine A110 eine zentrale Rolle. Auf die Spitze getrieben wird die Wissenschaft von der strömenden Luft in der Formel 1, in der das Testen im Windkanal längst höchste Komplexität erreicht hat. Für Pierre Sancinéna, Aerodynamik-Ingenieur bei Alpine, lag somit nichts näher, als eine Partnerschaft mit seinen Kollegen beim Alpine F1 Team einzugehen, um von deren Methoden und Technologien profitieren zu können.
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Auftrieb eliminieren, Luftwiderstand minimieren und einen präzisen Grad an Abtrieb generieren: Um einen Formel 1-Rennwagen auf dem Asphalt „kleben“, ihn so schnell wie möglich auf der Geraden fahren und mit extremem Speed durch Kurven eilen zu lassen, ist den Aerodynamik-Experten in der Königsklasse des Motorsports kein Aufwand zu hoch. In der Chassis-Abteilung des Alpine F1 Teams im britischen Enstone arbeiten rund 120 Ingenieure permanent an der Optimierung des Luftstroms. Zu den wichtigsten Werkzeugen zählt natürlich der Windkanal. Spoiler, Abweiser, Diffusoren, Seitenkästen, Flügel, Kühlkanäle – an der Anordnung und Formgebung dieser und vieler weiterer Komponenten wird immer wieder gefeilt, um die Performance des Rennwagens weiter zu steigern.
PRODUKTIVE PARTNERSCHAFT MIT ENSTONE Im französischen Les Ulis, der Heimat von Alpine Cars, verfolgt Pierre Sancinéna, Aerodynamik-Experte bei Alpine, einen ganz ähnlichen Ansatz wie seine Kollegen in Enstone. Der Aerodynamik-Ingenieur und gleichermassen ambitionierte wie erfolgreiche Hobby-Rennfahrer verantwortet seit drei Jahren die aerodynamische Entwicklung der Modelle von Alpine und Renault Sport, darunter die A110 und der Mégane R.S. Trophy-R. Für ihn steht fest: „Der Windkanal ist ein unverzichtbares Werkzeug, wenn es um die Optimierung der aerodynamischen Eigenschaften eines Sportwagens wie der Alpine A110 geht.“
Und weil in diesem Bereich niemand besser aufgestellt ist als die Teams in der Formel 1, zögerte Sancinéna nicht, seine Kollegen in Enstone um Hilfe zu bitten. „Unsere Zusammenarbeit begann im März 2020“, blickt er zurück. „Wir trafen uns jede Woche, um unsere Methoden und CFD-Simulationen zu optimieren und die Methodik des Formel 1-Teams in unsere Testarbeit zu implementieren.“ Die Zusammenarbeit mit dem Alpine F1 Team brachte Pierre und seiner Mannschaft viel spezifisches Know-how, was seitdem auch für die Entwicklung künftiger Alpine Serienmodelle genutzt wird. So konnte unter anderem die Korrelation, der aus Computersimulationen und aus der Arbeit im Windkanal erzielten Ergebnisse verbessert werden. Dadurch lässt sich einiges an Zeit und Geld sparen, weil doppelte Entwicklungsschritte vermieden und das aufwändige Hin und Her zwischen CFD und Windkanal deutlich reduziert werden.   DETAILARBEIT MIT SENSOREN WIE IM FLUGZEUG UND BUNTER FARBE Um wirklich effizienter zu werden und die Entwicklung einzelner Fahrzeugkomponenten optimieren zu können, bedarf es jedoch mehr. So wurde unter anderem eine A110 nach Enstone verschifft, um von den dortigen Aerodynamik-Spezialisten mit einer Fülle von Sensoren bestückt zu werden. Mit diesem neuartigen Instrumentarium lassen sich noch mehr Daten sammeln, um die auf die Karosserie einwirkenden Drücke und die Strömung der Luft um das Fahrzeug aufzuzeichnen. Anfang März tauchte dieser umfangreich modifizierte A110 Testträger dann im S2A-Windkanal in Montigny-le-Bretonneux sozusagen tief in die stürmische Welt der Formel 1 ein.
An seiner Fahrzeugfront fand sich dabei ein breites Metallgitter, das direkt von der Konstruktion abgeleitet wurde, wie sie Esteban Ocon und Fernando Alonso an ihren A521 Rennwagen während der Freien Trainings eines Grand Prix-Wochenendes fahren. Die darauf befestigten Drucksensoren ähneln den Pitot-Sensoren zur Geschwindigkeits-messung von Flugzeugen und bilden das Volumen der unter dem Fahrzeug durchströmenden Luft ab.
Während dieser Tests nutzten die Alpine Ingenieure zudem Flow-Vis, eine spezielle, von ihren Formel 1-Kollegen entwickelte Farbe. Aufgetragen auf die Fronthaube und die Kotflügel breitet sie sich nur bei einer bestimmten Geschwindigkeit aus und erlaubt so, dass die Luftströme entlang der Karosserie detailliert nachvollzogen werden können. Damit lassen sich die Computer-Berechnungen sehr anschaulich überprüfen.
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