Wechselhaftes Wetter, hunderttausende finnische Fans, 188 000 Seen und noch mehr Bäume. Der achte Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft in Finnland gilt als „Formel-1 im Wald“. Mit 200 km/h über enge Schotterpisten – links und rechts nur Wald. Ein Fehler kann fatale Folgen haben. Mittendrin in diesem spannungsgeladenen Spektakel die Teams von Volkswagen, Citroën, Ford und Hyundai. Der Rallye-Sport ist Teil der DNS jedes Finnen, wie Fußball bei den Deutschen. Nicht zuletzt darum war der enge Zweikampf zwischen Weltmeister Sébastien Ogier und dem Lokalhelden Jari-Matti Latvala das bisherige Highlight der WRC-Saison. Rückblick: 2014 siegte Volkswagen-Pilot Latvala bei seiner Heimrallye mit nur 3,6 Sekunden Vorsprung vor seinem Teamkollegen Ogier. Dieses Wimpernschlagfinale fand dieses Jahr seine Wiederholung.
Fast das gesamte Wochenende bewegten sich die beiden Polo R WRC über 320 WP-Kilometer innerhalb eines Zehnsekunden-Abstandes. „Vielleicht ist es die größte Herausforderung für mich, in Finnland einen Finnen zu schlagen. Aber das ist eine echte Motivation. Wie im vergangenen Jahr entscheidet jede Sekunde“, konstatierte Sébastien Ogier noch vor der berüchtigten WP „Ouninpohja“. Genau auf dieser Prüfung holte sich Latvala, noch dazu mit dem 400. Prüfungssieg seiner Karriere, die entscheidenden Sekunden, um in Führung zu gehen. Dabei übertraf er mit einem Temposchnitt von 132,18 km/h den alten Rekord von Ogier (130,75).
Für Volkswagens Youngster Andreas Mikkelsen wurde das brutale Tempo auf dem Waldwegen zum Verhängnis. Auf WP 5 kam der Norweger von der Piste ab und überschlug sich mehrfach. Zum Glück blieben er und sein Co-Pilot Ola Floene unverletzt, was auch dem hohen Sicherheitsstandard der World Rally Cars geschuldet ist. Die Rallye war jedoch für die beiden vorbei. An der Spitze blieb es weiter ein Tanz auf der Rasierklinge. So führte Latvala am Samstag-Abend noch mit 13,2 Sekunden vor Ogier.
Die zwei finalen Prüfungen der Rallye am Sonntag sollten die Entscheidung bringen. „Nur zwei mal bremsen, ansonsten verdammt schnell“, kommentierte der Dakar-Sieger von 2011 Timo Gottschalk knapp, der bei Volkswagen die Meteorologen-Crew koordiniert. Letztlich siegte Latvala vor Ogier. „Das ist Finnland, wie es sein muss“, kommentiert Beifahrer-Legende Luis Moya mit einem Lächeln und bestätigt: „schon vier Sekunden sind auf den schnellen Etappen schwer aufzuholen.“ Er muss es wissen. Schließlich wurde Moya 1990 und 1992 Rallye-Weltmeister mit seinem Landsmann Carlos Sainz.
Seine Aussage zeigt auch, dass es ein desaströses Wochenende für Hyundai war. Bei der schnellsten Rallye aller Zeiten starteten sie mit drei Autos, hatten aber nicht den Hauch einer Chance. Ihr Rückstand war mit 3 Minuten und 58,7 Sekunden Meilenweit von der Spitze entfernt. (ampnet/tw)
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