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Montag, 15. Oktober 2012 Winterreifen: „A“ muss nicht die beste Note bedeuten

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Foto:Auto-Medienportal.Net/NokianFoto:Auto-Medienportal.Net/Nokian

Langsam werden Winterreifen wieder aktuell. Ihre weicheren Gummimischungen und ihre vielen Lamellen verbessern das Haftvermögen auf kalter nasser oder gar glatter Straße wesentlich. Wer neue kauft, findet ein „Label“ für die Leistungen. Es sagt aber wenig - und kann bei M+S-Profil sogar in die Irre führen.
Von Kühlschränken oder Fernsehern ist man sie längst gewohnt: Kennbuchstaben für die „Energie-Effizienz“. Bei Kühlschränken ist die Sache klar: Sie sollen gut kühlen und wenig Strom verbrauchen. „A“ ist hier die beste Note. „Bei Autoreifen“, betont Juha Pirhonen, Entwicklungsingenieur beim großen finnischen Reifenhersteller Nokian, „ist die Sache weit komplizierter. Das neue Reifenlabel sieht nur zwei Kennwerte vor für die Haftung auf Nässe und für den Rollwiderstand, dazu eine Zahl für die Geräuschentwicklung. Das ist viel zu wenig, um die Stärken und Schwächen eines Reifens auszudrücken!“


 

Er erklärt auch gleich, warum. „Autoreifen müssen eine Vielzahl sehr verschiedener Anforderungen erfüllen. Der Grip auf Nässe und der Rollwiderstand sind dabei wichtige Kriterien, aber beileibe nicht die einzigen. Wichtig sind z. B. auch die Lenkpräzision, das Verhalten bei viel Wasser auf der Fahrbahn (Aquaplaning), die Schnelllauf-Festigkeit, der Komfort – und nicht zuletzt die Lebensdauer. Für alle diese Kriterien gibt es aber keine Kennbuchstaben!“

Das Problem dabei: Manche dieser Anforderungen stehen sich gegenüber. Hoher Komfort und exakte Reaktion auf kleine Lenkbewegungen sind ein solcher Gegensatz: Ersteres erfordert weiche, letzteres harte Reifen. Oder niedriger Rollwiderstand und lange Lebensdauer. Leicht rollen Reifen, wenn sie leicht gebaut sind – wenn der Laufstreifen dünner wird. Dies aber kann geringere Profiltiefe und mit ihr kürzere Lebensdauer bedeuten.

Noch schwieriger werden die Verhältnisse bei Winterreifen. Weit mehr als Leichtlauf und Lebensdauer stehen sich Nass- und Schnee- bzw. Eisgriff gegenüber. Ein Reifen mit hervorragender Haftung auf Nässe kann auf Eis nicht gleichermaßen hervorragend sein. „Das ist Physik und nicht so leicht zu ändern“, sagt Nokian-Mann Pirhonen. Er weiß, wovon er spricht: Sein M+S-Reifen ‘WR D3’ wurde jüngst Sieger bei „Auto, Motor und Sport’, auch beim ADAC, der „Auto-Zeitung“ und „Test“ schnitt er gut ab.

Nokian hat bereits einen Sommerreifen mit den Bestnoten „A“ für Rollwiderstand und Nassgriff. Aber M+S-Profil mit zweimal „A“ kann Pirhonen sich nicht vorstellen. „Wir glauben auch nicht, dass es vernünftig wäre: Was nutzt ein hervorragender Nässe-Reifen, wenn er auf Schnee und Eis versagt?“ Ähnlich sieht es Michelin: „Für die Sicherheit auf unterschiedlichsten Fahrbahnen ist neben einer speziellen Profilgestaltung und Gummimischung auch eine große Profiltiefe erforderlich. Sie wirkt sich negativ auf den Rollwiderstand aus", erläutert Test- und Technikleiter Thomas Obermesser!“

Reifen können immer nur ein Kompromiss sein, der die vielen und zum Teil gegensätzlichen Anforderungen so gut wie möglich unter einen Hut bringt. Autohersteller beurteilen Reifen in bald 100 Disziplinen, bevor sie sie als Serienbereifung freigeben. Seriöse Fachzeitschriften, auch die Stiftung Warentest und der ADAC, bewerten viel mehr Eigenschaften als das neue Reifen-Label zeigt. „Das noch dazu die typischen Eigenschaften eines Winterreifens gar nicht abbildet, weder die Traktion auf Schnee und Eis, noch kurze Bremswege unter winterlichen Straßenverhältnissen“, stellt Dr. Bernd Löwenhaupt, Einwicklungsdirektor Pkw-Reifen bei Goodyear Dunlop, klar.

Das neue Label kann allenfalls grobe Orientierung bei Sommerreifen sein. Viel mehr Information liefern seriöse Testberichte. Die freilich jedes Jahr ähnlich ausfallen: Die großen Marken verdienen Vertrauen, heißen sie nun Continental, Dunlop, Goodyear, Michelin oder Pirelli. Noch neu im Club der Premiummarken ist der finnische Hersteller Nokian. In aller Regel gut schneiden auch die etwas preiswerteren Zweitmarken der großen Hersteller ab, beispielsweise Semperit (zu Continental gehörend) oder Fulda (Goodyear). Gute Testnoten verdienen sich mittlerweile auch etliche Importe z. B. aus Japan, etwa Toyo. Sehr preiswerte unbekannte Importe indes enttäuschen bei den Vergleichen noch immer häufig.

M+S-Profile sind auf winterlicher Straße nicht nur Vorschrift (mittlerweile in sehr vielen Ländern), sondern wirklich nötig. Michelin: „Ein durchschnittlicher Personenwagen benötigt mit Winterreifen rund 35 Meter, um auf schneebedeckter Fahrbahn aus 50 km/h zum Stillstand zu kommen. Mit Sommerreifen wächst der Bremsweg auf 43 Meter. Der Wagen würde mit 22 km/h aufprallen, wenn das Fahrzeug mit Winterreifen schon steht!“ Die Reparatur wäre mit Sicherheit teurer als der Satz guter Winter-Räder – der zudem das Leben der Sommerreifen entsprechend verlängert. (ampnet/low)


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