Eine Kapelle mit 6’912 Chips Der MareNostrum 4 steht in einer ehemaligen Kapelle auf dem Nordcampus der Polytechnischen Universität Katalonien. Bei 24 Grad Umgebungstemperatur und 36 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit nutzen hier Hunderte von Experten aus der ganzen Welt die Leistung des Supercomputers für ihre Projekte. Einer von ihnen ist Dr. Oriol Lehmkuhl, der am BSC auf dem Gebiet physikalischer und numerischer Modelle forscht. Er erklärt: „Für meinen Forschungsbereich untersuche ich die Brennkammern von Flugzeugen, führe Windturbinensimulationen durch und analysiere im Rahmen meiner Zusammenarbeit mit SEAT die Auswirkung der Felgengeometrie auf die Aerodynamik von Fahrzeugen.“
Fahrzeuge werden sicherer, bequemer und effizienter Die Aerodynamik eines Fahrzeugs lässt sich verbessern, indem der Luftwiderstandsbeiwert (cw-Wert) gesenkt wird. Fahrzeuge werden dadurch sicherer und effizienter, verbrauchen weniger Kraftstoff, stossen weniger CO2 aus und sind leistungsfähiger. Bei der Analyse kommt folgenden Bereichen die grösste Bedeutung zu: Fahrzeugfront und -heck, Fahrwerk, Reifen und Räder.
Bislang wurden Tonmodelle in Originalgrösse verwendet, um die Aerodynamik zu testen und zu optimieren. Simulationen wurden dazu mit Realversuchen im Windkanal kombiniert. „Windkanalversuche sind aber sehr teuer. Die Tonmodelle werden im Windkanal angegriffen und es müssen unentwegt Änderungen vorgenommen werden“, erläutert María García-Navas, eine der Ingenieurinnen in der Abteilung für Entwicklung und Aerodynamik bei SEAT. „Zudem ist es uns durch die Rechenleistung des BSC-Supercomputers möglich, mehr Parameter mit einzubeziehen und zu sehen, wie sich der Luftstrom innerhalb der Felgen verhält, wenn sich die Räder drehen. Das Ziel ist es, die Kluft zwischen Simulation und Realität zunehmend zu verringern“, fügt sie hinzu.
Monatelange Studien erledigt der MareNostrum 4 in wenigen Stunden Wenn 165’888 Prozessoren gleichzeitig arbeiten, werden selbst umfangreiche Studien in Rekordzeit durchgeführt. „Wir wandeln die Geometrie des Rads in Gitterpunkte um und lassen jeden Punkt von einer Reihe parallel arbeitender Prozessoren analysieren. Würden wir sie einzeln analysieren, bräuchten wir dazu Monate“, erklärt Dr. Lehmkuhl.
Die Zukunft wird in Petaflops (Billiarden Berechnungen pro Sekunde) gemessen Simulationen am Supercomputer eröffnen neue Wege in der Erforschung der Aerodynamik: „In Zukunft werden wir alles auf einmal simulieren können: den Luftstrom, die Struktur des Fahrzeugs, die Kraftstoffverbrennung und sogar Insassen. Aktuell ist das noch nicht möglich, aber schon in rund 15 Jahren werden wir Computer haben, deren Rechenleistung 1’000 Mal so hoch ist wie jetzt. Und wir wissen schon heute sehr genau, was wir mit der ganzen Rechen-Power anstellen“, erklärt Dr. Lehmkuhl.
Ein denkbarer Nachfolger wäre der MareNostrum 5, der die Rechenleistung des derzeitigen Modells um mehr als das 20-Fache überbieten könnte.
Der MareNostrum 4, Zahlen und Fakten
Der Supercomputer
3’456 Knoten
6’912 Chips
165’888 Prozessoren
13,7 Petaflops (FLOPS: Floating Point Operations per Second)
78’000 Kilogramm schwer
Das BSC
180 Quadratmeter
24 Grad Umgebungstemperatur
36 Prozent relative Luftfeuchtigkeit
19 Tonnen Glas
26 Tonnen Stahl
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