Stand erst nur die Frage im Raum, an wen Opel verkauft werden solle, pokerte General Motors überraschend mit der Karte des nicht Verkaufens. Schließlich legt Detroit noch die Variante Milliarden-Investment auf den Tisch. Als ob es der Verwirrung nicht genug wäre. Und man kann darauf wetten, dass das inzwischen zur transatlantischen Mega-Posse mutierte Hickhack noch lange nicht zu Ende ist. Zu vielschichtig sind die Interessen, zu komplex die Machtverhältnisse. Auch bei GM, so hört man in Detroit, gibt es heftige Meinungsunterschiede. Wie es scheint, dürfte sich die Altherren-Riege des eigentlich gescheiterten Führungskaders durchsetzen. Es ist schwer zu glauben, dass ausgerechnet jene, die den GM-Niedergang in leitenden Funktionen begleitet haben, um es vorsichtig auszudrücken, das Unternehmen Opel nun auf die Erfolgsschiene hieven werden. Nein, die halten wahrscheinlich am alten Verhaltensmuster fest, Opel in allen Bereichen zum eigenen Vorteil zu nutzen. Böse meinende Experten würden hier das Wort vom ausbeuten verwenden.
Ein denkbar schlechtes Bild gibt in Sachen Opel die Bundesregierung ab, die sich viel zu schnell für Magna als Favoriten entschieden hat, ohne einen strategischen Plan B zu haben. Hat die Kanzlerin im Ernst geglaubt, der amerikanische Präsident würde sich vor ihren Wahlkampfkarren spannen lassen? Barack Obama hat keinen Grund, auf den Bundestagswahlkampf Rücksicht zu nehmen. Warum denn? Er vertritt allein amerikanische Wirtschaftsinteressen und nimmt eher Rücksicht auf GM als auf Merkels Kanzlerschaft. Die Amerikaner haben natürlich auch mitbekommen, dass nicht einmal innerhalb der deutschen Bundesregierung Einigkeit herrscht. Immer wieder hat der Wirtschaftsminister die offizielle Linie verlassen und eine Insolvenz ins Spiel gebracht.
Dass jetzt die Bundesregierung schon den Rückzug auf die Position „GM behält Opel“ plant, ist zwar einerseits richtig, andererseits aber auch blamabel. Die handelnden Personen werden nun dafür bestraft, dass sie sich im Blick auf Wählerstimmen immer wieder weit aus dem Fenster gelehnt haben, ohne das Geringste in der Hand zu haben. Die Politik war allzu gern bereit, den Opelanern vorzugaukeln, die Zukunft Opels würde in Berlin gestaltet. Eine völlig falsche Wahrnehmung. Man muss sich schon fragen, wie es dazu kommen konnte. Wahlkampf scheint blind zu machen für eigene Macht und Möglichkeiten.
Nach wie vor beharrt die Bundesregierung darauf, finanzielle Unterstützung nur dann zu gewähren, wenn Bedingungen erfüllt werden. Das klingt vernünftig, ist aber nicht so einfach durchzusetzen. Schon hat der deutsche EU-Industriekommissar Verheugen deutlich gemacht, dass Bedingungen für finanzielle Hilfen gegen EU-Recht verstoßen. Außerdem halte er nichts davon, wie intensiv sich die Regierung wegen des Wahlkampfes in die Verantwortlichkeiten eines Industrieunternehmens einmische. Er hält sogar eine Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehungen für möglich. Mag das auch eine übertriebene Befürchtung sein, von der Hand zu weisen ist sie nicht.
Es ist nicht zu erwarten, dass eine Entscheidung zu Opel noch vor der Bundestagswahl fällt. Und die Opelaner werden sich dann wundern, wie wenig in Berlin dann noch von der Causa Opel gesprochen wird. Wenn die Wahl gelaufen ist, werden die Politiker das Interesse an Opel schnell verlieren. Alles andere wäre eine Überraschung. (ar/PS/Hans-U. Wiersch)
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