Sonntag, 4. Oktober 2009 Das Schweigen zu Opel
Astra
Es ist schon auffällig, dass die allseits bekannten „Opel-Retter“ Merkel, Steinmeier und Koch seit dem Sonntag der Bundestagswahl das Wort Opel öffentlich wahrnehmbar nicht mehr in den Mund genommen haben. Damit entlarvt sich das ganze Rettungsspektakel als reines Wahlkampf-Bohai. Nicht um Rettung ist es den Rettern gegangen, sondern lediglich um Wählerstimmen. Es ist so offensichtlich, dass mit dem Wahltag das Interesse der großen Politik an Opel und die Zukunft des Autoherstellers genauso gesunken ist wie die Prozentpunkte für SPD und Union. Opel ist noch nicht gerettet. Und wenn man die Zeichen der Zeit richtig deutet, ist die Rettung weiter in weiter Ferne. Bei Magna macht sich bereits Katzenjammer breit, denn es zeichnet sich ab, dass mit einer Opel-Übernahme durch den österreichisch-kanadischen Konzern Magna mehr verlieren könnte als gewinnen.
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So hat bereits VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch signalisiert, dass man es nicht mag, wenn ein Zulieferer plötzlich zum Konkurrenten wird. Das ist mehr als verständlich, es ist nahezu logisch. Und der neue Chrysler-Chef Sergio Marchionne, der auch Fiat vorsteht, hat sogar schon die Konsequenzen gezogen und entschieden, keine Fertigungsaufträge mehr an Magna zu vergeben. Wir erinnern uns: Magna war auch beim Pokern um Chrysler dabei und hat dann gegen den Finanzinvestor Cerberus verloren.
Es ist nicht auszuschließen, sondern naheliegend, dass Magna weitere Aufträge verlieren wird. Eine Belastung ist auch die Tatsache, dass Magna mit dem russischen Milliardär Oleg Deripaska verbandelt ist, gegen den in den USA ein Einreiseverbot besteht. Der Russe ist mit 20 Prozent an Magna beteiligt und hat dafür rund 1,5 Milliarden US-Dollar investiert. Wie amerikanische Politiker bereits öffentlich kritisieren, wolle man nicht zusehen, wie über Opel Know-how nach Russland abfließt oder abfließen könnte.
Dazu kommt, dass dem Deal noch Brüssel zustimmen müsste, wovon die deutsche Bundesregierung zwar überzeugt, was aber keineswegs sicher ist. Großbritannien, Spanien, Belgien und andere EU-Länder kritisieren den von den Deutschen vorgesehenen Weg zur Opel-Rettung auf das Äußerste. Kanzlerin Merkel hielt den Deal bis kurz vor der Bundestagswahl für EU-konform. Nach dem Wahlsonntag hat sie sich unseres Wissens nach nicht mehr öffentlich dazu geäußert. Das ist typisch für unsere Art, wahltaktisch motivierte Hilfsaktionen fallen zu lassen.
Fest steht nur eines: Die Rettung von Opel ist weiterhin eine Zitterpartie, bei der nichts eindeutig klar ist. Magna will Stellen streichen, verliert Aufträge und vielleicht bald die Lust auf den Deal. Unterschrieben ist schließlich noch nichts. Magna kann sich von heute auf morgen zurückziehen, vielleicht im Versuch, die verloren gehenden Zulieferaufträge zu retten.
Opel ist und bleibt ein Drama, bei dem die Glaubwürdigkeit der Politik nicht gerade gestärkt werden dürfte. So, wie die Dinge liegen, ist nicht damit zu rechnen, dass noch in diesem Jahr alles gut wird. Die Politiker sind nach der Bundestagswahl wieder mit sich selbst beschäftigt, und die erstarkte FDP war von Anfang an dagegen, die Last für eine Opel-Rettung dem Steuerzahler aufzubürden. Es ist nicht auszuschließen, dass sich dann auch die Kanzlerin auf ihren gewohnten Standpunkt zurückzieht und ein Scheitern ihrer guten Absichten damit begründet, dass man in einer Koalition eben Kompromisse machen müsse. Und auch von Herrn Steinmeier hört man nichts mehr zur Opel-Rettung. Die Wahl ist schließlich gelaufen. Und seine Auftritte in Rüsselsheim haben der SPD nichts genützt. Warum sollte er sich noch dafür einsetzen, Opel eine Zukunft zu sichern? (automobilreport.com/ar/Hans-U. Wiersch)
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