Wie auch Magna/Sberbank will GM alle deutschen Werke erhalten. Reilly mag aber keine Garantien dafür abgeben, dass diese Absicht über einen Zeitraum von einem Jahr hinausgeht, aber er erfüllt damit zumindest kurzfristig eine wesentliche Forderung. Und der angekündigte Arbeitsplatzabbau unterscheidet sich kaum von jenem, den Magna geplant und auch angekündigt hatte. Es ist deshalb nicht ganz verständlich, warum der Betriebsratschef ein Sanierungskonzept verdammt, das er bei Magna gut gefunden hat. Allerdings muss man dem Betriebsrat zugute halten, dass er schon zu oft von der GM-Zentrale über den Tisch gezogen wurde. Das Misstrauen gegenüber Detroit ist mehr als berechtigt, denn bislang beinhaltet auch der neue Sanierungsplan keine Garantien.
Klar ist, dass die miese Situation bei Opel weder auf schlechte Produkte noch auf fehlenden Innovationsgeist des Autohersteller zurückzuführen ist. Der Schlamassel hat sich über ein Jahrzehnt durch klares, eindeutiges und unwiderlegbares totales Missmanagement in Detroit entwickelt. Manager kamen und gingen, die Opelaner wurden an einer kurzen Leine automobiler Ahnungslosigkeit geführt. GM hat den Ideenreichtum in Rüsselsheim zwar genutzt, der auf europäische Märkte ausgerichteten Modell-Strategie aber immer wieder dilettantisch motivierte Ketten angelegt.
Die augenblickliche Lage ist trotz zurückgezahlten Überbrückungskredits so unklar wie vorher. Die Opelaner haben zwar die Sympathien auf ihrer Seite, marktwirtschaftlich muss man heute aber klar sehen, dass die Versprechungen der Politik (vor der Bundestagswahl), Opel mit Steuermilliarden stützen zu wollen, ein Schlag gegen alle anderen ordentlich und erfolgreich geführten Automobilunternehmen ist, die sich ohne Stütze am Markt behaupten müssen und behaupten. Mit jedem Euro staatlicher Unterstützung für Opel erschwert man Wettbewerbern den eigenen Stand.
Es ist eine vertrackte Situation: Die Deutschen haben Opel seit den Wirtschaftswunderjahren in ihr Herz geschlossen. Allerdings ist tatsächlich nicht einzusehen, dass das Missmanagement im fernen Detroit mit deutschen Steuergeldern belohnt werden soll. Hier hat die Politik mit Blick auf die Wahlen große Fehler gemacht. Wenn die in Aussicht gestellten Milliarden-Bürgschaften nicht von Bedingungen abhängig gemacht worden sein sollen, wie nachträglich behauptet, dann ist kein plausibler Grund zu erkennen, GM zu verweigern, was Magna zugesagt worden war. Die Bundesregierung und einige Ministerpräsidenten in unserem Lande haben sich damit selbst in eine Zwickmühle manövriert, der schwer zu entkommen ist.
Es wird Zeit, dass ökonomischer Sachverstand über emotionale Wünsche gestellt wird. Es fällt schwer, den Opelanern Hilfe zu verweigern, denn Opel selbst ist ja nicht schuld am Desaster, sondern vor allem die Mutter GM. Wenn die Politiker nun einen klaren Sanierungskurs von GM fordern, scheint das nur ein Ablenkungsmanöver zu sein. Die Politik selbst muss erst einmal klarmachen, dass deutsche Steuergelder nicht dazu da sind, die GM-Zentrale in Detroit zu finanzieren. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle tut dies nur unzureichend. Er zieht sich lediglich hinter eine GM-Äußerung zurück, Opel alleine sanieren zu können, anstatt klar auszusprechen, dass Steuersubventionen nicht fließen dürfen, wenn ein Unternehmen selbstverschuldet in die Klemme geraten ist. Allerdings lässt sich dann auch nicht mehr erklären, warum die Banken so viel Unterstützung erhalten haben.
Feststeht, dass man Opel eine gute Zukunft wünschen muss. Feststeht aber auch, dass sie ungewisser denn je erscheint. Der Kampf um Opel ist noch lange nicht zu Ende. Dass er auch dem Markenimage abträglich ist, dürfte klar sein. Wer kauft schon gerne ein Auto einer Marke, deren Zukunft mit vielen Fragenzeichen verbunden ist? (automobilreport.com/ar/Hans-U. Wiersch)
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