Im Mai 1992 wird das Werk Rastatt von Bundeskanzler Helmut Kohl eingeweiht. Zunächst werden dort von 1700 Mitarbeitern Fahrzeuge der E-Klasse hergestellt, erst der Baureihe W 124 und dann bis 1996 der Nachfolgebaureihe W 210. Im Sommer 1997 beginnt dort die Serienfertigung der A-Klasse (W 168) – Rastatt wird Hauptwerk für die Fertigung dieser neuen Mercedes-Benz Baureihe, die das Portfolio nach unten hin abrundet. Sie erreicht in ihrem Produktionszeitraum von 1997 bis 2004 einen Absatz von mehr als 1,1 Millionen Einheiten. Ebenfalls 1997 eröffnet das Unternehmen das dortige Mercedes-Benz Kundencenter. Dort können Kunden ihr neues Fahrzeug direkt in Empfang nehmen, eine Werksbesichtigung machen und Ausstellungen rund um das Thema Automobil besuchen. Zusätzlich bietet das Kundencenter zahlreiche Veranstaltungen an.
Die Standortentscheidung für Rastatt ist nicht einfach gewesen. Denn mehrere Städte hatten Interesse an der Ansiedlung des Werks. Auch Standorte in Frankreich, Großbritannien und Tschechien waren in der Diskussion, und Naturschützer äußerten Bedenken gegen die Ansiedlung in Rastatt. Somit ist nicht nur die wirtschaftliche Tragweite groß, auch die politische auf Landes- sowie Bundesebene. Zumal dem neuen Werk eine wichtige Symbolwirkung für den Produktionsstandort Deutschland mitgegeben wird – es geht um eine rentable Automobilfertigung in einem starken Wirtschaftsumfeld. Doch schließlich fällt die Entscheidung für Rastatt. Daimler-Benz bezeichnet das neue Pkw-Montagewerk als „Meilenstein für den Automobilbau mit Zukunft“. Insgesamt investiert der Konzern dort damals 2 Milliarden DM.
In zunächst drei Schritten entsteht eine der modernsten Fertigungsstätten der Automobilindustrie weltweit, ein komplettes Montagewerk mit Montage, Lackierung und Karosserierohbau, das den strategischen und operativen Spielraum für die Pkw-Produktion der Marke Mercedes-Benz erweitert. Damit trägt die Fabrik – mit Vorbildcharakter für alle anderen Werke – zur langfristigen Sicherung des Wettbewerbsvorsprungs bei, wie es in einer Broschüre zur Werkseröffnung heißt. Für einen zukunftsorientierten Automobilbau werden neue Produktionstechnologien, neue Arbeitszeitmodelle, neue Arbeitsformen und neue Umweltschutzkonzepte umgesetzt. Spätere Werkserweiterungen bringen stets den neuesten Stand.
Der Standort ist bewusst gewählt. Denn das neue Werk steht vor allem mit Sindelfingen in einem engen Produktionsverbund („Südschiene“), wie er sich bereits seit Jahren auch zwischen den Werken Bremen und Sindelfingen bei der Fertigung der Kompaktklasse bewährt hat („Nordschiene“). Ziel der Verbundfertigung ist es, durch eine sinnvolle Form der Arbeitsteilung einen optimierten Produktionsablauf über die jeweiligen Werkgrenzen zu erreichen. Teillieferungen aus den fünf Schwesterwerken Gaggenau, Sindelfingen, Untertürkheim, Hamburg und Bremen dokumentieren das.
Mit Produktionsbeginn der A-Klasse der Baureihe 168 siedeln sich zudem Zulieferfirmen auf dem Werksgelände an. Im so genannten Industriepark befinden sich diverse Unternehmen, die Bauteile für die A- und B--Klasse über Förderbrücken und Fördertechnik direkt an das Montageband liefern. Diese Anlieferung „Just in sequence“ reduziert Anfahrtsverkehr und Lagerzeiten. Mit den Partnern des Industrieparks werden mehr als 50 Prozent des Teilevolumens für die Montage abgewickelt. Insgesamt versorgen 330 Lieferanten die in Rastatt produzierten Fahrzeuge mit Bauteilen. Über ein Bahngleis, das direkt auf das Werkgelände führt, kommen 75 Prozent der Transporte über die Schiene direkt in die Produktionshalle.
Das Werk Rastatt hat sich etabliert. Im Jahr 2008 läuft dort das zweimillionste Fahrzeug der A- und B-Klasse vom Band. Das Werksgelände hat eine Gesamtfläche von 1 473 000 Quadratmetern, 405 680 Quadratmeter davon sind bebaut. Die Produktionskapazität beträgt rund 250 000 Fahrzeuge pro Jahr. Rund 5500 Mitarbeiter sind dort beschäftigt (Stand: 31. Dezember 2009).
|