Montag, 20. März 2006 Wenn Computer-Kids Autos kaufen
Cedy’s World: Neue virtuelle Erlebniswelt für automobil- und technikbegeisterte Kids
Wer 12jährige in Blitzesschnelle SMS verschicken sieht, wer die Zugriffszahlen auf die Suchmaschinen beobachtet und den Erfolg aufwendiger Computerspiele registriert, der kann sich vorstellen, dass solche Erfolgsstories in der Kommunikation auch auf das traditionelle Autogeschäft erheblichen Einfluss ausüben werden. Scot Eisenfelder von Reynolds & Reynolds, einem weltweit operierenden Beratungsunternehmen für Automobilhandel, beschrieb die Arbeitsweise und die Erfolgsaussichten eines Autohauses von 2015 im Rahmen einer Microsoft-Tagung in München.
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Die meisten Haushalte werden in zehn Jahren über superschnelle Internet-Zugänge verfügen, so dass sich die Kommunikation weitgehend von Papier entfernt. Von Werbebotschaften überquellende Briefkästen gibt es dann nicht mehr. Gleichzeitig wird die Software im Auto selbst gewaltig angewachsen sein. Die Entwicklungs-Geschwindigkeit ist schon deswegen rasant, weil Kostengesprat werden können. Eine Verbindung der Systeme im Auto mit denen im Autohaus wird bereits programmiert, und damit steht der Autohändler vor einer Revolution seines Geschäftes. So könnte man sich den Autokauf 2015 vorstellen: Das erwachsen gewordene Computer-Kid klickt seine Homepage an, wirft einen Blick in seinen E-mail-Account und findet eine Werbung eines Autohändlers. Davon angeregt konfiguriert er sein Auto, schaut sich nur Minuten später auf dem heimischen Bildschirm sein elektronisch gebautes Fahrzeug in Originalausstattung- und farbe an, schickt das Bild an den Verkäufer im Autohaus und bittet um ein Angebot. Den Listenpreis hat ihm daheim der Computer zusammengestellt, Jetzt will er die Konditionen seines Händlers kennenlernen. Der Verkäufer (auch ein Alt-Computer-Kid) gibt ihm einen Link zum passenden Finanzdienstleister, der ihm ein Angebot mailt. Das Autohaus ordert einen dem bestellten Auto möglichst ähnlichen Wagen (bei einem regionalen Probefahrzeugpool) und am nächsten Tag ist die Probefahrt fällig; Bestellung online, Auslieferung zwei Wochen später. Änderungen am bereits bestellten Auto sind noch bis eine Woche vor Auslieferung möglich. Für die Übergangszeit vermittelt der Autohändler seinem neuen Kunden einen Leihwagen beim nächsten Rent a Car Center, mit dem er auf Kommissionsbasis zusammenarbeitet. Die Leistung des Autohauses beschränkt sich auf Probefahrten, die Bereiststellung attraktiver Finanzierungsmöglichkeiten, die Vertragsunterzeichnung und den Service. Letzterer regelt sich ebenfalls anders als heute, denn das Auto meldet sich per SMS oder e-mail höchstpersönlich beim Servicepoint und teilt mit, dass die ABS-Bremse einer Nachjustierung bedarf. Der Kundendienstleiter ruft den Besitzer an, erläutert ihm die Wünsche des Autos und schlägt einen Termin vor. Er hat natürlich ein Ersatzfahrzeug bereit, wenn der Kunde am nächsten Tag vorbei kommt. Die Qualität dieses Prozesses im Autohaus wird nach der Meinung von Experten in Zukunft mehr über den Erfolg eines Händlers entscheiden als sein Portfolio an Automobilmarken, das er anbieten kann. Für die Autohäuser gilt es nach dieser Zukunftsbeschreibung, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren und alle anderen Aktivitäten auszugliedern und Spezialisten zu überlassen. Diese Strategie senkt die Kosten und erhöht den Gewinn. Bei 70 Millionen Autos, die laut Auto-Reporter weltweit im Jahr verkauft werden und gleichzeitig 400 Millionen Autos, die über fünf Jahre alt sind, ergibt sich ein Eindruck von der Grösse des Marktes, die sich den Beratungsunternehmen bietet. Bei den schlechten Renditen im Autohandel sicherlich auch eine grosse Chance für alle Autohäuser, die sich ihren Anteil am riesigen Markt der Zukunft sichern wollen und deshalb Beratung brauchen. Die Computer-Kids von heute werden Autos eben anders kaufen als ihre Mütter und Väter.
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