Mehr als 60 Prozent der Käufer informieren sich im World Wide Web rund um den Autokauf. Vor drei Jahren waren es noch 20 Prozent. Diese Entwicklung wirkt sich auch auf die Beziehung zwischen potenziellem Käufer und Autohändler aus: Der bislang bestehende Informationsvorsprung des Händlers nimmt ab und damit auch die Notwendigkeit für einen Käufer, sich in einem Autohaus zu informieren. Hinzu kommt, dass Käufer immer später im Entscheidungsfindungsprozess den Weg zum Händler suchen. So die Ergebnisse zweier Studien der Management- und IT-Beratung Capgemini. "Autokäufer lassen sich ihr neues Auto nicht mehr vom Händler aufschwatzen. Die Informationshoheit liegt inzwischen bei den Kunden", so Steffen Elsässer, Leiter der Automobilsparte bei der Management- und IT-Beratung Capgemini für Zentraleuropa. "Das traditionelle asymmetrische Kunden-/Händler-Verhältnis ist vorbei, beide Seiten sprechen auf Augenhöhe miteinander." Für Händler und Hersteller wird es damit immer wichtiger, mehr über den Kunden zu wissen und diese Informationen auch gezielt bei der Beratung einzusetzen: So müssen Hersteller verstärkt Untersuchungen zum Kundenverhalten, den Informationskanälen und Rückmeldungen von Kunden zum Produkt sammeln, aufbereiten und dem Vertrieb strukturiert zur Verfügung stellen. Händler hingegen sind in der Pflicht, diese Informationen auch in die Beratung des Kunden mit einfliessen zu lassen. Dabei gibt es nicht mehr "den" Kunden an sich, sondern verschiedene Typen, die eine jeweils unterschiedliche Ansprache erfordern. "Die meisten Hersteller stellen Erkenntnisse aus der Kundenforschung in Händlerseminaren zur Verfügung - häufig leider ohne auf Resonanz zu stossen", so Elsässer. "Für viele Verkäufer gilt das Motto Kunde ist gleich Kunde." Zumindest auf drei verschiedene Szenarien des Käuferverhaltens sollten sich die Händler jedoch einstellen: Der das Internet nutzende und dem Händler kritisch gegenüberstehende Kunde hat sich im Vorfeld bestens über ein Fahrzeug informiert. Im Verkaufsraum fühlt er sich vom beflissenen Verkäufer bedrängt. Hier kann die Lösung nur darin liegen, dem Kunden den nötigen Raum für das "Erlebnis Auto" zu geben. Der zweite Kundentyp ist offen für den Kauf, aber vorsichtig was den Kontakt mit dem Händler angeht. In diesem Fall kann der Verkäufer durch seine Persönlichkeit das Eis brechen. Der aus Verkaufssicht ideale Kunde ist bereit für den Kauf und sieht den Händler als Partner in diesem Prozess. Das Spiel mit offenen Karten ist bei ihm erfolgsversprechend. "Die drei Szenarien sind natürlich Modellfälle. Die Realität existiert nicht in Schablonen. Wenn sich aber die Händler und ihre Verkäufer bewusst machen, dass es heute nicht mehr in erster Linie um die Faktenvermittlung, sondern um ein emotionales Miteinander geht, haben sie schon einen grossen Schritt getan", so Elsässer.
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