Mittwoch, 13. Juni 2007 Kennen Sie CAPS?
Früher war nicht alles besser, aber vieles einfacher. Da hatten die Abkürzungen nur drei Buchstaben wie ABS, ASR, EBD und einzelne sogar nur zwei wie TC. Doch heute verwenden Ingenieure viel Gehirnschmalz darauf, für ihre neuen Systeme wenigstens vier Buchstaben einzusetzen - am besten auch noch als sprechbare Abkürzungen, noch viel lieber in englischer Aussprache.
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Ich kann ihn schon hören, den Schrei um Hilfe aus den Kommunikationsabteilungen unserer Automobilhersteller oder ihrer Zulieferer. Zu gern würden sie früher in die Entwicklung neuer Systeme eingebunden werden, bevor wieder auf einer technischen Zeichnung ein neuer Begriff zu einer Abkürzung eingedampft wird, die aber auch rein gar nichts über den Sinn oder die Funktionsweise eines Systems sagt. Hoffentlich widerwillig zählen aber heute auch Kommunikationsexperten in den Unternehmen und voller Freude deren Kollegen im Vertrieb Funktionsblöcke einzeln auf, um den Preis oder das Image des Fahrzeugs zu heben. Da steht dann in der Liste oder im Pressetext, das Fahrzeug verfüge über ABS (Antiblockiersystem), ASR (Antriebsschlupfregelung), EBD (Elektronische Bremskraftverteilung oder - englischer - Distribution), TC (Traktionskontrolle oder -control) und ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm). Dabei sind alle diese Funktionen sowieso an Bord, wenn man das Auto mit ESP geliefert bekommt. So werden Abkürzungen zum Augenpulver, hilfreich bei der Begründung des Preises. Kennen Sie "CAPS"? Das ist bei Bosch die Abkürzung für "Combined Active und Passive Safety" und meint die Vernetzung der Systeme, so wie wir sie vom "Pre Safe" bei Mercedes-Benz kennen, aber umfassender und sicher sehr segensreich. Andere Unternehmen finden für dasselbe Thema andere Namen und andere Abkürzungen, die niemandem etwas sagen ausser ihrem Erfinder und dessen Kollegen. Oder kennen Sie EPCD, die Early Pole Crash Detection, die bei Bosch für die Minderung des Seitenaufpralls auf einen Pfahl entwickelt wurde? Die kann eine Menge Leben retten. Deswegen sollte man sie erst Recht nicht hinter vier Buchstaben verbergen. Von mir aus sollen die Techniker und ihre Kollegen aus Kommunikation und Marketing miteinander ihr Kauderwelsch sprechen, aber warum lassen sie es uns, den Journalisten, es unseren Lesern zu erklären. Sollen sie doch selbst um Worte ringen - oder die Abkürzungen wenigstens richtig schreiben. CAPS ist eine sprechbare Abkürzung, und die behandelt man laut Duden wie ein Substantiv. CAPS heisst also Caps. Aber jetzt genug mit den Besserwissereien. Sollen sich doch die Unternehmen an ihrer Buchstabensuppe verschlucken. Sie müssen es schliesslich ertragen, wenn die Autokäufer ihr Kreuz auf den Preislisten nicht hinter eine Abkürzung setzen, die sie nicht verstehen.
Von Peter Schwerdtmann
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