Ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft: Wenn der Mensch unterwegs ist, will er auch wissen mit welcher Geschwindigkeit. Im Auto blickt der Fahrer dazu einfach auf den Tachometer. Als dessen Geburtsstunde gilt das Jahr 1902. Denn am 7. Oktober dieses Jahres meldete der Ingenieur Otto Schulze am kaiserlichen Patentamt in Berlin den Wirbelstromtacho an. Schnell breitete sich die damals bahnbrechende Erfindung über die Automobilindustrie weltweit aus. Damals wie heute sind Tachometer im eigentlichen Sinne Drehzahlmesser, die die Umdrehungszahl des Rades oder der Getriebewelle als Strecke pro Zeiteinheit darstellen. „Die Idee hinter dem Tacho ist heute, in einer Zeit, in der wir uns täglich mit 100 km/h oder schneller bewegen sogar noch aktueller wie zu den Anfangszeiten des Tachometers, als die meisten Motorwagen gerade 30 km/h Spitze fuhren: Der Tacho ist notwendig, denn der Mensch kann mit seinem Gleichgewichtsorgan zwar positive oder negative Beschleunigung erfühlen, bei konstanten Geschwindigkeiten muss er allerdings passen“, erklärt Eelco Spoelder, Leiter des Continental Geschäftsbereichs Instrumentation & Driver HMI. „Das kennt jeder, der schon einmal nach einiger Zeit auf der Autobahn in die Tempo 30 Zone eingebogen ist und merkt, wie schwer es ist, die Geschwindigkeit richtig einzuschätzen“, so Spoelder weiter. Um zuverlässig Informationen über die Geschwindigkeit zu bekommen, ist der Mensch auf Hilfsmittel angewiesen. Wo immer der Fahrer genaue Informationen benötigt, selbst aber nur grob schätzen kann, helfen heute Drehzahlmesser oder Tankanzeige, akustische oder optische Einparkhilfen, Totwinkelassistenten oder Radarsysteme.
Von Wirbelströmen und Schrittmotoren: So bewegt sich die Nadel
Von den ersten Wirbelstromtachos bis zu heute gängigen Instrumenten hat die Technik große Fortschritte gemacht. „Am bemerkenswertesten ist die Entwicklung vom mechanisch-elektromagnetischen Funktionsprinzip hin zu mechatronischen bzw. rein elektronischen Systemen“, beschreibt Spoelder. Bei Otto Schulze`s Wirbelstromtacho überträgt eine flexible Welle die Drehzahl des Rades oder der Getriebewelle an den Tacho und versetzt dort einen Magneten in Rotation. Diese Rotation erzeugt Wirbelströme in einer Metallscheibe, die sich über dem Magneten befindet und von dessen Magnetfeld durchdrungen ist. Die Reaktion zwischen dem Magnetfeld und den Wirbelströmen lässt ein Drehmoment entstehen, das die Scheibe in eine Richtung bewegt. Damit der Zeiger des Instruments den genauen Geschwindigkeitswert angeben kann, hält eine geeichte Feder die Scheibe gegen das Drehmoment des Magnetfelds. Heute basieren Drehzahlmesser und Tachometer dagegen von der Sensorik bis zur Anzeige auf Elektronik. „In den meisten Fahrzeugen ist die treibende Kraft hinter der Tacho- und Drehzahlmessernadel heute ein sogenannter Schrittmotor“, so Spoelder. Der Schrittmotor bewegt die Tachonadel um einen minimalen Winkel (Schritt) oder um ein Vielfaches. Je kleiner dabei die Schrittlänge, desto präziser ist auch die Bewegung der Tachonadel. Mikrocontroller rechnen die Signale aus dem Geschwindigkeitssensor am Rad in die notwendigen Schritte des Schrittmotors um.
Rundinstrumente und variable Monitore: Ergonomie bestimmt die Entwicklung
Die Art der Anzeige unterscheidet sich in den wesentlichen Punkten nicht von den ersten Tachometern von vor 110 Jahren. Auch wenn es schon 1986 erstmalig volldigitale LCD-Anzeigen im Volkswagen Golf II GTI gab, blickt der Fahrer in den Cockpits der meisten Autos immer noch auf eine Nadel, die sich auf einer runden Skala bewegt und dort die Geschwindigkeit oder die Drehzahl anzeigt. „Dass Tacho und Drehzahlmesser meistens rund sind, hat in erster Linie ergonomische Gründe. Runde Instrumente sind intuitiv abzulesen. Der Fahrer muss wenig Konzentration aufwenden, kann besser auf das Verkehrsgeschehen achten und erhält trotzdem die wichtigsten Informationen“, so Spoelder.
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