Wer Jürgen Geißinger, den Firmenchef von Maria-Elisabeth Schaefflers Unternehmen kennt, kann sich die Heftigkeit der Reaktion lebhaft vorstellen. Diese Hippe-Aktion wird sicher nicht dazu beigetragen haben, die Atmosphäre zwischen Conti und den Schaefflers zu entgiften. Der Husarenritt Geißingers bei der Übernahme der Continental hat offensichtlich bei vielen in Hannover refelxartig zum Widerstand geführt, der mit dem Abgang des alten Vorstandsvorsitzenden Manfred Wennemer nicht erlahmte.
Der Vorstand wies immer wieder auf die Investorenvereinbarung hin, nach der die Schaeffler-Gruppe auf Jahre hinaus die 50-Prozent-Marke nicht überspringen und keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Hannoveraner nehmen darf. Doch bei Conti ging Einiges schief: Offenbar hatte man Siemens-VDO zu teuer bezahlt und sah sich zu Abschreibungen gezwungen, die Automobilkrise tat ein Übriges und auch Blütenträume, wie der vom großen Lieferanten für Lithiumionen-Batterien, zerplatzten. Geblieben sind rund zehn Milliarden Schulden und ein dramatisch gesunkener Unternehmenswert.
Ebenfalls zehn Milliarden Euro kostet die Schaeffler-Gruppe die Übernahme der Conti, nachdem fast 90 Prozent der Aktien zum festgelegten, aber heute illusorischen Kurs von 75 Euro übernommen und alles über 49,9 Prozent bei Banken geparkt werden musste. Nun ringen alle um eine Lösung – auch die beteiligten Banken wie die Landesregierungen in Bayern und Niedersachsen.
Darüber gerieten beide Unternehmen in Streit. So forderte die Schaeffler-Gruppe hart, direkt und öffentlich den Rücktritt des Conti-Aufsichtsratsvorsitzenden Hubertus von Grünberg, den man ursprünglich zu den Befürwortern des Zusammengehens beider Unternehmen gezählt hatte. Ein ungewöhnlicher Schritt, zu dem sich Geißinger veranlasst sah, weil er "Sabotage beim Zusammenwachsen beider Firmen" (Handelsblatt) sah. Dazu rechneten die Herzogenauracher auch das Verhalten von Alan Hippe.
Medien berichten, der Conti-Vorstand habe sich gestern (22. Januar 2009) mit dem Altbundeskanzler Gerhard Schröder getroffen, der mit der Investorenvereinbarung als Garant für deren Einhaltung eingesetzt worden war. Man soll sich nur zum Gedankenaustausch getroffen haben; denn es war den Beteiligten bei Conti wohl zu peinlich, nicht ohne Moderator von Angesicht zu Angesicht sprechen zu können.
Morgen, am Sonnabend, 24. Januar 2004, trifft sich nun der Aufsichtsrat der Continental AG zu einer außerordentlichen Sitzung. Die Tagesordnung dürfte umfangreich und konfliktbeladen sein. Zunächst wird es um die Modelle der Zusammenarbeit der beiden Automobilbereiche der Unternehmen gehen. Dann ist ein Nachfolger für Alan Hippe zu benennen.
An weiteren heiklen Fragen herrscht kein Mangel: Wird von Grünberg bei der nächsten Hauptversammlung wieder für den Aufsichtsrat kandidieren? Wird er die Rolle schon vorher aufgeben? Kann sich die Schaeffler-Gruppe mit ihrer Forderung durchsetzen, wenigstens vier Aufsichtsräte zu stellen? Wie stellt man sich zu der Schaeffler-Aussage, die Investorenvereinbarung sei wegen der Sabotage hinfällig? Besteht Schaeffler deswegen auf zehn AR-Sitzen und auf der Wahl von Maria-Elisabeth Schaeffler zur Aufsichtsratsvorsitzenden der Continental AG? Einige Antworten werden wir am Wochenende zu hören bekommen. Mal sehen, ob die Annäherung erkennen lassen. (ar/Sm)
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