In der gegenwärtigen Situation muss nicht überraschen, dass Automobilhersteller versuchen, den Kostendruck an Zulieferer weiterzugeben. Solche Gepflogenheiten waren schliesslich auch vor der Krise markenübergreifend geübte Geschäftspraxis. Jetzt allerdings wird eine rüdere Gangart angeschlagen. Mit Verweis auf die Krise werden selbst bestehende Lieferverträge infrage gestellt und Zulieferer zu Nachverhandlungen gedrängt. Erklärtes Ziel solcher Attacken ist ein weiteres Stutzen der Preise für Zulieferungen. Beispiel Continental. Das angeschlagene Unternehmen hat laut "Die Welt" externe EDV-Dienstleister angeschrieben und darum gebeten, "mit sofortiger Wirkung einer Kürzung sämtlicher Vergütungen und Entgelte um 15 Prozent der Nettokosten zuzustimmen". Bis Anfang Mai wird nun eine Erklärung der angesprochenen Dienstleister mit der Bestätigung der neuen Bedingungen erwartet. Das Vorgehen rechtfertige der Druck der Automobilhersteller, die bei Conti auf günstigere Preise pochten, argumentiert Conti, um im gleichen Atemzug zu relativieren, dass die Forderung lediglich gegenüber einem kleinen, abgegrenzten Kreis von Unternehmen erhoben werde. Genau genommen aber hat die Krise die Preisdrückerei in der Autobranche an breiter Front angestossen. Dabei konnten Automobilzulieferer bisher schon nur dürre Umsatzrenditen zwischen zwei und acht Prozent realisieren. Offenbar wähnen sich Preisdrücker nun auf hohem Ross, indem sie annehmen, Zulieferern bleibe gar nichts anderes übrig, als ihre Preise weiter zu senken. Es ist kurzsichtig, Lieferanten bis zur Geschäftsaufgabe finanziell in die Knie zu zwingen. In vielen Fällen wäre eine andere, entsprechend günstigere Alternative kaum schnell zu finden; erst recht nicht von einem Tag zum anderen. Überzeugender ist Krisenbewältigung von der Art, wie sie Grosskunden versuchen, indem sie Lieferanten mit Einmalzahlungen stützen oder aber mit ihnen neue, weniger drängende Zahlungsziele vereinbaren. Das könnte die Rettung für Zulieferer sein, die über dramatische Umsatzeinbrüche klagen, weil "die Auftragseingänge seit Jahresbeginn um bis zu 50 Prozent gesunken" seien, wie der Sprecher der Arbeitgemeinschaft Zulieferindustrie, Theodor Lutz Tutmann, von der Zeitung "Die Welt" zitiert wird. Weil sich etwa ein Viertel der Zulieferer in Deutschland gefährdet sieht, falls die Absatzkrise anhält, würden "viele Automobilzulieferer bereits nach alternativen Märkten Ausschau halten, um ihre Abhängigkeit von der Autoindustrie zu reduzieren", sagt Tutmann. Seine Worte lassen sich auch als Warnung interpretieren, über ein hingenommenes, im Grunde aber betriebenes Aus traditionell kreativer, zuverlässiger Zulieferer nicht die Leistungsstärke der einen oder anderen deutschen Automobilmarke oder am Ende gar deren Fortbestand zu gefährden. Absatzkrise hin, Krisenbewältigung her. Zulieferer können die Zeche allein zuallerletzt bezahlen. (ar/PS/Wolfram Riedel)
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